Studierende in die weitere Evaluation einbinden
16.05.23
Der Einsatz studentischer Lehrevaluation im Sinne der Weiterentwicklung und Optimierung von Lehre und studentischem Lernen ist nur sinnvoll und wirksam, wenn das Ausfüllen der Fragebögen weitere Reaktionen und Handlungen nach sich zieht. Auf niedrigster Reaktionsebene genügt, dass Lehrende gegenüber den Studierenden einen Dank für die Teilnahme aussprechen und die im Verborgenen stattfindende Selbstreflektion über die Lehrevaluationsergebnisse. Auf höherer Reaktionsebene ist z. B. das Besprechen von Ergebnissen mit Studierenden wünschenswert.
Im Allgemeinen führt die Literatur (Webler, 1992; Rindermann, 2009) unterschiedliche Lehrevaluations-Modelle an (siehe nachstehende Tabelle), die der genannten Anforderung in unterschiedlichem Maße gerecht werden, allerdings für die Weiterentwicklung und Optimierung von Lehre unterschiedlich wirksam sind.
Lehrevaluations-Modell | Wirksamkeit |
---|---|
Basis-Modell: Sensibilisierungshypothese bloße Durchführung der Lehrevaluation ohne Ergebnisrückmeldung und/oder weitere (sichtbare) Reaktionen bzw. Handlungen |
Keine oder geringe Effekte |
Feedbackmodell ergänzt Basis-Modell durch Ergebnisrückmeldung an Lehrende |
|
Diskursmodell (Webler, 1992) ergänzt Feedbackmodell durch veranstaltungsinterne Besprechung der Ergebnisse mit Studierenden initiiert durch Lehrenden |
Kleine Effekte |
Beratungsmodell/Beratungsansatz kombiniert Ergebnisrückmeldung mit einer darauf bezogenen Beratung und möglicher Weiterbildung von Lehrenden |
Mittlere bis große Effekte |
Das Basis-Modell der Lehrevaluation fußt auf der sogenannten Sensibilisierungshypothese. Diese besagt, dass allein die durch Lehrevaluation verursachte höhere Sensibilität für Fragen der Lehre, zu Verbesserungen in der Lehre führt (Rindermann, 2009, S. 228). Bei diesem Modell bleibt es also bei der reinen Durchführung der Lehrevaluation. Entsprechend Rindermanns (2009) Überblick zu Studienergebnissen, zeigen sich für das Basis- und das Feedbackmodell entweder keine oder nur vergleichsweise geringe Verbesserungseffekte auf die Lehre. Somit werden sie dem oben genannten Anspruch nicht gerecht. Dies gelingt viel eher im Rahmen des sogenannten hochschuldidaktischen Diskursmodells (Webler, 1992). So kann Rindermann (2009, 238 f.) diesem gegenüber den erstgenannten Modellen mittels vergleichender Untersuchungen zumindest leichte Vorteile in der Steigerung der Lehrqualität bescheinigen. Die dennoch eher mageren Effekte der Modelle führt er auf fehlende ergänzende (didaktische) Beratung und Trainingsmöglichkeiten sowie determinierende Rahmenbedingungen zurück (Rindermann 2009, S. 246). Dieser Schlussfolgerung wird das Beratungsmodell/der Beratungsansatz gerecht. Mit diesem elaborierten Lehrevaluations-Modell können vergleichsweise bedeutsame Verbesserungseffekte auf Lehrqualität erreicht werden (Dresel & Rindermann, 2011).
An den meisten deutschen Hochschulen existiert das Diskursmodell als Mindeststandard, welches in der Regel in Evaluationsordnungen, -satzungen oder -richtlinien festgeschrieben ist. So auch an der TU Darmstadt, wo die Richtlinie zur Lehrveranstaltungsevaluation vorsieht, dass Lehrende die Lehrevaluationsergebnisse den Studierenden vorstellen und mit diesen besprechen. Aufseiten der Studierenden hat dies die wünschenswerte Folge, dass sie erfahren, ihre Beteiligung und Bewertung wird wertgeschätzt, ernstgenommen und fließt in die Gestaltung der Lehre ein. Dies erhält oder steigert die Motivation zur (weiteren) Teilnahme an Lehrevaluationen oder Befragungen. Darüber hinaus bringen Gespräche solcherart als positiven Nebeneffekt die Etablierung einer konstruktiven Rückmelde- und Feedbackkultur in Lehrveranstaltungen bzw. an Hochschulen mit sich.
Welcher explizite Nutzen ergibt sich nun aufseiten der Lehrenden aus Gesprächen mit Studierenden über ihre Lehrevaluationsergebnisse?