In Beratungssituationen

Jammern und klagen begegnen

In der Beratung, die im Unterschied zu einer Lehrsituation, eine Face-to-Face-Situation ist, taucht klagendes oder nörgelndes Verhalten ebenfalls auf. Wie Sie reagieren können, lesen Sie hier.

Beratungsaufbau

Anliegen- und Kontraktmanagement einsetzen

Ähnlich wie die Lern- und Arbeitsvereinbarungen in Lehrveranstaltungen, kann hier das Anliegen- und Kontraktmanagement helfen, aus nörgelndem oder klagendem Verhalten Feedback- und Beratungsprozesse zu machen.

Beratungen folgen dem Aufbau: Einstieg, Anliegen formulieren, Anliegen bearbeiten, Ausstieg. Der Anlass kann mit der Lehrveranstaltung zusammenhängen (Vor- oder Nachbesprechung eines Referates oder Einsicht in die Klausur) oder aber ad hoc von Studierenden kommen. Dann wissen Lehrende nicht, was auf sie zukommt. Ein bekanntes Phänomen ist in diesem Zusammenhang das Ausschauhalten nach einem Betreuer/ einer Betreuerin für die Abschlussarbeit: Während Lehrende direkt in die Beratung einsteigen und davon ausgehen, einen „Kundigen“ vor sich zu haben, sind Studierende eher in der „besuchenden“ Haltung und wollen erst mal sehen, wie es laufen kann – sie haben sich noch nicht entschieden und zeigen ihre Entscheidung, indem sie nicht mehr auftauchen.

In der Beratung stellt sich oft die Herausforderung, dass sich das Anliegen der Studierenden erst im Laufe der Beratung herauskristallisiert – weshalb manche Lehrende darum bitten, das Anliegen oder eine Arbeitsfrage vorab zu mailen. Studierende, die sich hingegen kundig machen wollen bringen ihre Anliegen klar vor und sind zumeist gut vorbereitet.

Für Beratungen bedeutet dies: Ich muss das Anliegen der Studierenden kennen und entscheiden, ob ich für das Anliegen der/die richtige Ansprechpartner/in bin. Im Anschluss geht es in einem Beratungsprozess darum, den Rahmen, das Ziel und das Setting zu klären, um so zu einem Kontrakt zu kommen. Etwa zu klären, ob die Person wirklich ein Feedback hören will und annehmen kann oder sich nur über die schwere Klausur auslassen möchte. Dann kann vielleicht ein gewisses Maß an Verständnis und der Hinweis für ein mögliches Feedback, das für das nächste Mal weiterhilft gegeben werden. Aber für Beratungen gilt: Letztlich entscheidet das Gegenüber, was es von dem Angebot annimmt. Denn Beratungen sind keine Prüfungssituationen.

So ist das vorzeitige Beenden eines Gespräches manchmal eine echte Option: Lehrende entscheiden dann, wie viel sie sich vom Klagen und Nörgeln anhören wollen und verweisen auf das Beratungsangebot, auf das man bei einem nächsten Mal gerne zurückkommen kann.

Auch hier können die oben dargestellten Interventionen helfen, um das Klagen und Nörgeln wertschätzend zu verstehen oder ihm humorvoll-provokativ zu begegnen. Wenn etwa ein Student behauptet, er wäre in der Klausur benachteiligt worden. Und nachdem geprüft wurde, dass dem so nicht ist, die humorvoll-provokative Antwort sein könnte: Man käme sich vor wie ein Vater/eine Mutter, die sich anhören müsse, dass die Geschwister bevorzugt würden…. Aber man wäre ja jetzt dem Zuhause entronnen und nun an einer Universität, wo man zum Glück nur noch auf Erwachsene träfe…

Bamberger, G. G. (2015). Lösungsorientierte Beratung: Praxishandbuch. Weinheim. 5. Auflage

Prior, M. (2015). MiniMax-Interventionen. Minimale Interventionen mit maximaler Wirkung. Heidelberg

Radatz, S. (2010). Einführung in das systemische Coaching. Heidelberg

Richter, R. (2013). Vielfalt als Chance. Konstruktiver Umgang mit Heterogenität in Lehrveranstaltungen. Tübinger Beiträgen zur Hochschuldidaktik. Tübingen. 2. Auflage

Schumacher, E.-M. (2011). Schwierige Situationen in der Lehre. Opladen Farmington Hills

Schumacher E.: „Wenn Ihnen das Leben eine Zitrone gibt, machen Sie Limonade daraus.“ Vom Umgang mit schwierigen Lehrsituationen. In: Teaching Tips. Gute Lehre ist kein Glücksfall! Journal Hochschuldidaktik TU Dortmund, 24. Jg. Nr 1-2, September 2013, S. 31-34

Thomann, C. & Schulz von Thun, F. (2011). Klärungshilfe 1: Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Gesprächen. Reinbek

Satir, V. (2015). Selbstwert und Kommunikation. Stuttgart. Jubiläumsausgabe

Weißbach, C.-R. (2004). Gekonnt kontern: Wie sie verbale Angriffe souverän entschärfen. München

Weißbach, C.-R. (2015). Professionelle Gesprächsführung: Ein praxisnahes Lese- und Übungsbuch. München

Weidner, J. (2011). Die Pepperoni-Strategie. So nutzen Sie ihr Aggressionspotential konstruktiv. Frankfurt New York