Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre am Beispiel von ChatGPT
Wie beeinflusst künstliche Intelligenz (KI) das wissenschaftliche Arbeiten und Prüfen an Hochschulen? Welche Kompetenzen benötigen Studierende zukünftig? Mit praktischen Hinweisen und weiterführenden Inhalten finden Sie hier Antworten auf diese Fragen und Möglichkeiten zur kritischen Reflexion von Potenzialen und Grenzen.

Was ist textbasierte KI, was kann sie und was noch nicht?
Textbasierte künstliche Intelligenz (KI) ist eine innovative Technologie, mit deren Hilfe sprachlich hochwertige Texte schnell und effizient erstellt werden können. Wenn in einem Schreibprozess eine KI-basierte Software unterstützend wirkt, spricht man von KI-gestütztem Schreiben. Das Hauptziel besteht darin, vorhandene Texte effizienter zu bearbeiten oder automatisiert neue Textsequenzen zu generieren. Somit umfasst KI-gestütztes Schreiben sowohl die Zusammenfassung vorhandener Texte (KI-gestützte Textbearbeitung) als auch das Generieren von neuem Text (KI-gestützte Textgenerierung; Weßels & Gottschalk, 2023). Die generierten Texte werden eigens für entsprechende Anwender*innen erstellt und sind dadurch in ihren Formulierungen immer einzigartig. Es handelt sich folglich nicht um Kopien anderer bereits bestehender Texte oder Textteile, sondern um maßgeschneiderte Unikate.
Eine jüngere Version eines solchen KI-basierten Sprachmodells ist GPT4. Die Abkürzung GPT steht dabei für Generative Pre-trained Transformer. Das Modell wird als eines der fortschrittlichsten und leistungsfähigsten Sprachmodelle angesehen, da es in der Lage ist, verschiedene Sprachaufgaben wie Textgenerierung, Übersetzung, Programmieren, Zusammenfassung, Fragebeantwortung und mehr durchzuführen.
Was sind Sprachmodelle?
Die Technologie, die textbasierter KI zugrunde liegt, beruht auf Sprachmodellen, die in Form von neuronalen Netzen gespeichert sind. Diese Modelle verknüpfen semantische (inhaltliche) Bedeutungen und Assoziationen von Wörtern miteinander, indem sie eine statistische Wahrscheinlichkeitsfunktion benutzen, die auch den Kontext des Geschriebenen berücksichtigt. Die zentralen Ziele bestehen somit darin, sprachlich hochwertige Texte zu verfassen, die so authentisch wirken, als wären sie von Menschen verfasst worden. Die zentralen Funktionen, die textbasierte KI im Schreibprozess übernehmen kann, bestehen nach Salden, Lordick & Wiethoff (2023, S. 10-11) in
- Textgenerierung und -korrektur,
- Paraphrasieren und Umschreiben,
- Übersetzen,
- Ideengabe im Prozess des kreativen Schreibens,
- Literaturrecherche und
- der Bewertung von Texten
Eine bekannte Anwendung dieser textbasierten KI ist der ChatGPT, der von Open AI (u.a. Elon Musk und Microsoft) entwickelt wurde. Neben der Generierung von Texten ist es bei dieser Technologie ein wichtiges Ziel, im Dialog Fragen zu beantworten. Hierbei kommen Sprachmodelle mit ergänzender Dialogfunktion zum Einsatz, die in der Lage sind, Antworten auf Fragen in Form von Internet-Chats zu verfassen. Dabei wird angestrebt, den sprachlichen Charakter von menschlichen Antworten möglichst authentisch zu imitieren. Anhand von gestellten Fragen oder Arbeitsanweisungen kann das Sprachmodell den Dialog fortsetzen, Erklärungen liefern oder passende Textpassagen generieren. Ein für Laien verständliches Erklärvideo zur grundlegenden Funktionsweise von ChatGPT ist im verfügbar. Youtube-Kanal der deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd)
Überprüfung der Faktenlage erforderlich
Bei der Verwendung des Chatbots ChatGPT ist zu beachten, dass er nicht darauf trainiert wurde, alle der oben genannten Funktionen textbasierter KI zu übernehmen. Beispielsweise sind die von ChatGPT ausgegebenen Antworten nicht zwingend auch inhaltlich korrekt. Der Grund dafür ist, dass das Ziel der KI einzig und allein darin besteht, einen möglichst sprachlich gut klingenden menschenähnlichen Text zu verfassen und diese in dialogähnlichen Chats fortzuführen. Dadurch, dass die Textgenerierung auf der Basis eines statistischen Wahrscheinlichkeitsmodells unzähliger Textverteilungen basiert, sind sie häufig, aber nicht automatisch und immer, sachlich und fachlich richtig.
Liegt ChatGPT beispielsweise keine ausreichende Textbasis vor, dann erfindet die KI mitunter Textpassagen, die zwar schlüssig zum vorigen Text passen, aber inhaltlich falsch sind – das sogenannte „Halluzinieren“. Dies liegt daran, dass das Ziel des Modells einzig und alleine darin besteht, einen vorgegebenen Text so fortzusetzen, dass die Fortsetzung möglichst schlüssig ist. Es geht also weder um das bestmögliche Beantworten einer Frage, noch um inhaltliche Genauigkeit und/oder Korrektheit und auch nicht darum, dass Fragen, die dem Chatbot gestellt werden, möglichst leicht und verständlich beantwortet werden. Somit liegt eine zentrale Herausforderung darin, im Umgang mit textbasierter KI richtige von falschen Informationen zu unterscheiden (Mohr et al., 2023). Hierin liegt zugleich ein wichtiges Lernziel, das KI-bezogene Kompetenzen betrifft.
Sensibilität hinsichtlich Bias und Verzerrungen
Ferner ist wichtig zu wissen, dass die Inhalte einer von einer KI erstellten Ausgabe wie Text oder anderen Informationen nur auf der Basis all derjenigen Texte generiert werden, mit denen die KI selbst trainiert wurde. Enthalten diese Verzerrungen (engl. bias), z.B. häufig aufkommende Stereotype gegenüber Geschlechtern, Ethnien oder Berufsgruppen, werden diese oft ungefiltert in den ausgegebenen Texten reproduziert (Mohr et al., 2023; Salden, Lordick & Wiethoff, 2023). Um ein Bewusstsein für dieses und ähnlich gelagerte Probleme bei der Anwendung der KI zu schaffen, gibt diese inzwischen teilweise entsprechende Warnungen aus. Beispielsweise wird bei der Frage nach Falschantworten, wie sie zur Entwicklung von Distraktoren für geschlossene Fragen benötigt werden, von ChatGPT inzwischen angegeben, dass das Modell nicht dazu gedacht ist, falsche Antworten zu geben. Dennoch erscheinen die meisten von ChatGPT geschriebenen Texte trotz dieser Einschränkungen – zumindest auf den ersten Blick – häufig qualitativ hochwertig und täuschend echt und die Warnungen können mit Hilfe der richtigen Eingabeaufforderungen ( ) umgangen werden, sodass ChatGPT dennoch die gewünschten Antworten generiert. siehe Abschnitt „KI-bezogene Kompetenzen für wissenschaftliches Arbeiten“ hier im Artikel
