Wie wirksam sind verschiedene Formen von Feedback?

16.01.2025

Feedback optimiert Lernprozesse – wie das funktioniert, erfahren Sie hier.

Wie im vorhergehenden Artikel beschrieben, gibt es aus theoretischer Sicht einige Gründe anzunehmen, dass diagnostische Rückmeldungen in Form von Feedback einen positiven Einfluss auf den Lernerfolg und das selbstregulierte Lernen von Studierenden haben. Um diese theoretischen Annahmen mit empirischen Methoden zu untersuchen, können Erkenntnisse aus Metaanalysen und systematischen Literaturreviews herangezogen werden. Solche Arbeiten integrieren die Ergebnisse vieler einzelner Studien zu einem Gesamtergebnis und sind daher aussagekräftiger als Einzelstudien.

Interpretation von Effektstärken in der Bildungsforschung

Um die Effektivität von Feedback für das Lernen zu quantifizieren, werden in Metaanalysen sogenannte Effektstärken berechnet. Mit ihnen lässt sich die Größe der Wirkung von Feedback im Lernprozess quantifizieren und zudem durch Vergleiche mit anderen Maßnahmen die praktische Bedeutsamkeit für das Lernen abschätzen. Die Einordnung von Effektstärken nach Cohen (1988) ist ein weitverbreiteter Standard, um die praktische Bedeutsamkeit von Maßnahmen im Bildungsbereich vergleichend zu messen. Bei Effektstärken mit einem Betrag von 0 bis unter .2 spricht man von keinem (bzw. einem sehr geringen) Effekt, von .2 bis .5 von einem kleinen Effekt, von .5 bis .8 von einem mittelhohen Effekt und über .8 von einem großen Effekt. Für die Interpretation von Effektstärken in der Bildungsforschung hat Hattie (2021) vorgeschlagen, dass in Lehr-Lern-Kontexten Effekte von über .5 als relevant erachtet werden sollten, da sie signifikant über die natürlichen Wirkungen des Lernens in pädagogischen Institutionen hinausgehen. Ab dieser Effektstärke wird durch die Implementation zusätzlicher didaktischer Maßnahmen (wie z.B. Feedback) in die Lehre also mehr gelernt, als es durch bloßes Unterrichten ohne diese Maßnahmen der Fall wäre.

Metaanalyse zur Wirkung von Feedback auf den Lernerfolg

In einer Metaanalyse zur Wirkung von Feedback fanden Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020) bei der Untersuchung von 435 Einzelstudien eine Effektstärke von d=.48 für die Beförderung des Lernens. Dies zeigt, dass für Feedback ein mittelhoher Effekt auf den Lernerfolg angenommen werden kann, der ausreichend hoch ist, um über die üblichen Wirkungen des Lernens in pädagogischen Institutionen hinauszugehen. Daher ist grundsätzlich dazu zu raten, auch in der Hochschullehre immer dann Feedback zu geben, wenn es den Lehrenden möglich ist.

Die Studienautoren (Wiesniewski, Zierer & Hattie, 2020) betonen jedoch, dass gerade in der Feedback-Forschung die Varianz zwischen den Studienergebnissen erheblich ist. So liegt das Konfidenzintervall der Effektstärke, das angibt, in welchem Bereich die wahre Effektstärke mit einer hohen Wahrscheinlichkeit liegt, zwischen 0.48 ≤ d ≤ 0.62. Das ist so zu verstehen, dass Feedback zwar im Durchschnitt in einem mittelhohen Bereich wirkungsvoll ist, man aber berücksichtigen muss, dass die Wirksamkeit von Feedback in konkreten Lehr-Lern-Situationen variieren kann. Daher muss man etwas tiefer in die Ergebnisse dieser Metaanalyse eintauchen, um diejenigen Gestaltungsaspekte auszumachen, die sich als besonders wirkungsvoll erwiesen haben. Hierzu werden in Metaanalysen sogenannte Moderatorvariablen betrachtet. Moderatorvariablen sind Faktoren, die den Zusammenhang zwischen Feedback und Lernerfolg beeinflussen können, indem sie diesen entweder verstärken oder abschwächen. Daher sind sie für die praktische Gestaltung von Feedback sehr relevant. In der Metaanalyse von Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020) wurden hierzu die Art der Lernergebnisse, die Art des Feedbacks, der Kanal, über den das Feedback bereitgestellt wird, sowie die Wirkrichtung des Feedbacks genauer analysiert.

Die Indikatoren für Lernergebnisse wurden in vier unterschiedliche Kategorien einsortiert: kognitive Indikatoren (z.B. Prüfungsleistungen), motivationale Indikatoren (z.B. Ausdauer), körperliche Indikatoren (z.B. motorische Fähigkeiten) und verhaltensbezogene Indikatoren (z.B. Verhalten im Klassenzimmer). Es zeigte sich, dass der Einfluss von Feedback auf kognitive (d=.51) und körperliche, motorische Fähigkeiten (d=.63) stärker ist als der auf motivationale (d=.33) und verhaltensbezogene (d=.48) Ergebnisse (Abb. 1). Dies könnte für das Lehren an Hochschulen darauf hindeuten, dass Feedback-Mechanismen verstärkt auf kognitive, akademische Leistungen ausgerichtet werden sollten. Auch die Entwicklung körperlicher, psychomotorischer Lernziele, z.B. in Sportwissenschaften oder beim Modellieren in der Architektur, kann mit Feedback sehr wirksam unterstützt werden. Um die motivationalen und verhaltensbezogenen Ergebnisse, wie Motivation, Selbstwirksamkeit und Disziplin, effektiver zu fördern, könnte es nötig sein, zusätzliche Lehrstrategien zu entwickeln , u.a. die Förderung von Selbstregulation .

Abbildung 1: Effektstärken von Feedback zu verschiedenen Lernergebnissen im Vergleich nach Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020)
Abbildung 1: Effektstärken von Feedback zu verschiedenen Lernergebnissen im Vergleich nach Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020)

Es werden drei Feedbackarten in der Auswertung unterschieden:

1. Feedback durch Verstärkung (z.B. Lob) und/oder Bestrafung (engl. reinforcement/punishment) bezieht sich auf die Aufgabenebene und liefert den Lernenden nur ein Minimum an Informationen dazu, ob ihre Lösung „richtig“ oder „falsch“ ist, z. B. eine entsprechende automatische Rückmeldung in einem Learning-Management-System nach dem Beantworten einer geschlossenen Frage.

2. Korrigierendes Feedback (engl. corrective feedback) enthält im Gegensatz dazu ergänzende Informationen darüber, welche Antwort(en) richtig gewesen wären.

3. Feedback mit hohem Informationsgehalt (engl. high information feedback, zu Deutsch auch elaboriertes Feedback) enthält zusätzlich zu den Informationen auf Aufgabenebene, die auch in korrigierendem Feedback enthalten sind, weitere Hinweise auf die Prozess- und/oder die Selbstregulationsebene. Solche Feedbackinformationen enthalten unter anderem Rückmeldungen zur Aufmerksamkeit, Gewissenhaftigkeit oder zur Lernmotivation.

In der Untersuchung (Wiesniewski, Zierer & Hattie, 2020) zeigte sich Feedback mit hohem Informationsgehalt mit einer Effektstärke von d=.99 als sehr wirksam. Die Effekte von korrigierendem Feedback liegen mit einer Effektstärke von d=.46 immerhin noch nah am mittelhohen Bereich, während Verstärkung bzw. Bestrafung lediglich einen kleinen Effekt hat (d=.24), der für die Praxis zu vernachlässigen ist (Abb. 2). Für den Einsatz in der Lehre ist somit gehaltvolles, elaboriertes Feedback, zu bevorzugen. Aufgrund der großen Effektstärke können Studierende von dieser Art Feedback besonders profitieren .

Abbildung 2: Effektstärken von verschiedenen Feedbackarten nach Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020)
Abbildung 2: Effektstärken von verschiedenen Feedbackarten nach Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020)

Für den Feedback-Kanal (schriftlich, mündlich, videogestützt, audiogestützt oder computergestützt) zeigen sich keine unterschiedlichen Effekte auf den Lernerfolg. Der Inhalt des Feedbacks (Feedbackart, siehe oben) ist also ausschlaggebend, nicht die Art und Weise, wie es übermittelt wird. Dies ist insofern praxisrelevant, als es Lehrenden in diesem Punkt Gestaltungsfreiheiten bei der didaktischen Umsetzung von Feedback lässt.

Mit der Feedbackrichtung wurde von Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020) untersucht, von wem Feedback gegeben wird und an wen es gerichtet ist. Die drei Analysekategorien waren: (1) Feedback von der Lehrperson an die Lernenden, (2) Feedback von den Lernenden an die Lehrperson und (3) Feedback von Lernenden an andere Lernende (Peerfeedback). Während es nur wenige Studien zum Feedback von Lernenden an Lehrende gibt und die zugehörige Effektstärke mit d=.35 für die Hochschulpraxis nicht besonders relevant ist, zeigen die Ergebnisse, dass Feedback von Lehrpersonen an Lernende effektiv ist (d=.47). Noch deutlicher wird die Wirksamkeit bei Peerfeedback, das mit einer hohen Effektstärke von d=.85 noch effektiver als das Feedback von Lehrpersonen ist (Abb. 3). Dies verdeutlicht das besondere Potenzial von Peerfeedback, da es eine ausgezeichnete didaktische Möglichkeit bietet, um Lehrende bei der Feedbackgabe zu entlasten und gleichzeitig die Eigenständigkeit und Verantwortungsübernahme der Lernenden zu fördern .

Abbildung 3: Effektstärken von Feedback bei verschiedenen Feedbackgebenden im Vergleich nach Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020)
Abbildung 3: Effektstärken von Feedback bei verschiedenen Feedbackgebenden im Vergleich nach Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020)

Literaturreview zur Wirkung von Feedback in formativen Assessments an Hochschulen

Die bisher beschriebene Metaanalyse von Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020) liefert wertvolle Hinweise für die Gestaltung von Lehre. Die Studie fasst jedoch eine Vielzahl von Untersuchungen aus sehr unterschiedlichen Bildungsniveaus zusammen, von der Vorschule bis hin zur Hochschule. Daher werden im Folgenden ergänzend noch einige Ergebnisse eines Literaturreviews dargestellt, der die Wirkung von Feedback speziell für den Kontext Hochschule beleuchtet. Das Feedback wurde im Rahmen formativer Assessments an Lernende gegeben, d.h. die Studierenden erbrachten während des Semesters Leistungen, die in die Gesamtnote einflossen, und erhielten zu diesen Leistungen Feedback.

Diese Überblicksarbeit von Morris, Perry und Wardle, in die insgesamt 28 empirische Studien betrachtet wurden, wurde im Jahr 2021 veröffentlicht. In allen eingeschlossenen Studien wurde als abhängige Variable der Lernerfolg der Studierenden – gemessen anhand schriftlicher Prüfungsformate – betrachtet.

Morris, Perry und Wardle (2021) fanden heraus, dass Studierende mit einem niedrigeren Ausgangsniveau stärker von Feedback zu profitieren scheinen als Studierende mit einem höheren Ausgangsniveau. Auch ist Feedback bei komplexen Aufgabenstellungen wirksamer als bei weniger komplexen Aufgaben. Feedback in Form von Benotung oder Lob ergab gemischte Befunde, d.h., es hatte nur teilweise Wirkung auf Lernerfolg. Allerdings ist es für effektvolles Feedback bedeutsam, dass dieses höflich formuliert ist und dass den Studierenden im Vorfeld angekündigt wird, dass sie ein Feedback erhalten werden. Letzteres soll bewirken, dass die Lernenden in Erwartung des Feedbacks bereits bei der Aufgabenbearbeitung zu einer Tiefenverarbeitung der Lerninhalte und zur metakognitiven Reflexion angeregt werden.

Hinsichtlich der Quelle des Feedbacks (z.B. Dozierendenfeedback vs. computergeneriertes Feedback) können aufgrund einer mangelnden Befundlage keine Handlungsvorschläge abgeleitet werden. Dies deckt sich mit den Befunden zum Feedback-Kanal von Wiesniewski, Zierer und Hattie (2020).

Die Metastudie liefert zudem keine eindeutigen Empfehlungen dazu, ob Feedback besser direkt nach der Bearbeitung einer einzelnen Aufgabe oder mit einer zeitlichen Verzögerung, wie zum Beispiel nach der Bearbeitung aller Aufgaben einer Übung, gegeben werden sollte. Hier können Hochschullehrende so handeln, wie es ihnen am passendsten scheint oder am einfachsten umzusetzen ist.

Die Studie von Morris, Perry und Wardle (2021) zeichnet ein besonders positives Bild hinsichtlich der Umsetzung formativer Assessments durch Lernaktivitäten wie Quizfragen und Wissensabfragen in der Lehre. Sowohl die individuelle Bearbeitung als auch das gemeinsame Arbeiten in Gruppen während der Lehrveranstaltungen erweisen sich dabei als effektive Lernmethoden. Darüber hinaus fördert das Bereitstellen entsprechender Aufgaben zur studentischen Vor- und Nachbereitung das Lernen zusätzlich.

Die Autor:innen bewerten die Kombination von peergestütztem Feedback bei Quizzes und Tests in Form von Partner- und Gruppenarbeiten als vielversprechend für den Lernerfolg.

Fazit

Zusammenfassend zeigen die empirischen Ergebnisse zu Feedback (Morris, Perry & Wardle, 2021; Wiesniewski, Zierer & Hattie, 2020), dass es mit einer mittelhohen Effektstärke besonders für kognitives und motorisches Lernen wirksam ist. Die Wirkung gilt vermutlich insbesondere für Studierende mit einem niedrigeren Ausgangsniveau und/oder bei komplexen Aufgabenstellungen. Allerdings ist die Gestaltung des Feedbacks mitentscheidend für seine lernförderliche Wirkung: Die Studien betonen, dass der Informationsgehalt des Feedbacks hoch sein sollte und nicht nur die Aufgabenebene, sondern auch die Prozess- und Selbstebene berücksichtigen sollte (sog. elaboriertes Feedback oder high-information feedback). Darüber hinaus ist es wichtig, dass das Feedback höflich formuliert und den Studierenden im Voraus angekündigt wird.

Für die Integration und Umsetzung in Lehrveranstaltungen sind Quizze und Tests besonders geeignet. Zusätzlich können Lehrende die positiven Wirkungen von Peerfeedback ausnutzen, um die Effektivität des Lernprozesses weiter zu steigern.

Cohen, J. (1988). Statistical power analysis for the behavioral sciences. Lawrence Erlbaum Associates.

Hattie, J. (2021). Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen (W. Beywl & K. Zierer, Hrsg.; 5. unveränderte Auflage, überarbeitete deutschsprachige Ausgabe). Schneider Verlag Hohengehren.

Morris, R., Perry, T., & Wardle, L. (2021). Formative assessment and feedback for learning in higher education: A systematic review. Review of Education, 9(3), e3292. https://doi.org/10.1002/rev3.3292

Wiesniewski, B., Zierer, K. & Hattie, J. (2020). The power of feedback revisited: A meta-analysis of educational feedback research. Frontiers in Psychology, 10, 3087. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2019.03087