Gestaltungsprinzipien und didaktisches Design

23.11.22

Didaktisches Design ist nach Ballstaedt (1997, S. 12) die „planmäßige und lernwirksame Entwicklung von Lernumgebungen (…) auf wissenschaftlicher Grundlage“. Auf der Basis von Erkenntnissen aus der Informationsverarbeitung zeigt sich, nach welchen Richtlinien Lehrmaterial erstellt werden muss, damit Lernen in verschiedenen Lehrsettings gut gelingt. Es handelt sich hierbei, das lässt das Wort Design bereits erahnen, auch um einen kreativen, künstlerischen Prozess. Reynolds (2013, S. 132) betont dabei, dass das Designs nicht erst zum Schluss, sondern von Anfang an in die Konzeption einfließen muss:

„Design ist nötig, um Informationen so zu gliedern, dass Zusammenhänge besser verdeutlicht werden; es kann eine Sache für den Betrachter oder Nutzer vereinfachen. Design ist auch ein Mittel zur Überzeugung. Es ist keine Dekoration.“ (ebd.).

Die Erstellung von Lehrmaterial ist ein Baustein im Haus der Unterrichtsplanung, wobei das Lehren selbst eine dynamische didaktische Situation ist (vgl. Wilbers, 2013, S. 16). Auch wenn das Thema der Vorlesung gleich bleibt: Nicht in jedem Semester haben die Studierenden das gleiche Vorwissen, sind ähnlich motiviert, haben die gleichen Fragen. Und so muss auch Leh-re inkl. der unterstützenden Materialien und deren Designprozess immer wieder überdacht und ggf. neu konzipiert werden.

Werden Lehrmaterialien erstellt, bietet es sich an, sich zunächst mit Grundprinzipien der Gestaltung auseinander zu setzen. Diese Prinzipien sollten unabhängig vom zu gestaltenden Material berücksichtigt werden, da sie bei Anwendung grundsätzlich die kognitive Last ver-ringern und somit der Lernprozess gefördert werden kann. Ballstaedt (1997, S. 15f.) unterscheidet folgende Prinzipien:

Ergänzende Abbildungen

Abb. 1: Gesetz der Ähnlichkeit

Abb.: 2 Gesetz der Nähe (Nr 1)

Abb. 3: Gesetzt der Nähe (Nr. 2)

Abb. 4: Gesetz der Prägnanz

Abb. 5: Gesetz der Symetrie (Nr.1)

Abb. 6: Gesetz der Symetrie (Nr. 2)

Form follows function: Die Gestaltungsprinzipien von Lehrmaterialien leitet sich aus ihrer didaktischen Funktion und ihrem Zweck ab. Zentral ist, dass Lehrende klar vor Augen haben für wen sie welche Inhalte wozu und zu welchem Zeitpunkt als Lehrmaterial aufbereiten.

Beispiele: Sollen die erstellten Präsentationsfolien den Vortrag unterstützen, Studierenden als Skript dienen oder beides? Stellen sie zentrales Material zur Prüfungsvorbereitung dar oder dienen sie eher dazu, der Vorlesung Struktur zu verleihen? Insbesondere bei Lehrmaterial, das der Prüfungsvorbereitung dient, sollten Informationen ausführlicher dargelegt wer-den. Um Folien aber nicht zu überfrachten, könnten etwa angemerkte Notizen Gedanken-gänge ausführen, während bei der reinen Vortragsbegleitung eine knappere Ausführung ausreicht.

Und ein zweites Beispiel: Soll das Skript auch als Assessment-Tool im Seminar zum Einsatz kommen, so dass Studierende selbst ihren Wissensstand prüfen? Dann könnten sich beispielsweise ein Lückentext oder Aufgabenstellungen nach jedem Kapitel finden, wo Studierende explizit aufgefordert werden, bei der Vor /Nachbereitung Lösungen einzutragen, Berechnungen vorzunehmen oder einen Sachverhalt zu diskutieren. Während der Lehrveranstaltung beziehen Dozierende die Ergebnisse dieser Aufgaben ins Unterrichtsgeschehen ein.

Die Gestaltungsmöglichkeiten von Lehrmaterialien sind durch die voranschreitende Technik größer geworden: Grafiken für Skripte oder Arbeitsblätter werden in Bilderdatenbanken schnell gefunden, Animationen und Übergänge sind mit nur einem Klick in die Präsentation eingebaut. Trotzdem sollten Lehrende auch hier die Sinnhaftigkeit genau überdenken. Nur wenn Gestaltungselemente das Lernen fördern und einen expliziten Sinn erfüllen, sollten sie eingebaut werden. Andernfalls lenkt Zweckloses von den zentralen Inhalten ab und erzeugt insbesondere bei ohnehin komplexen Inhalten mehr Verwirrung als Klarheit. Es empfiehlt sich also stets zu hinterfragen, welchen Zweck die Grafik oder Animation verfolgt. Denn: Weniger ist oft mehr – und stellt auch eine Form von didaktischer Reduktion dar (vgl. Ballstaedt, 1997, S. 16).

Thesmann (2010, S. 185ff.) verweist darüber hinaus auf die Erkenntnisse der Gestaltpsychologie, die nützliche Anregungen zur Gestaltung von kognitiv möglichst wenig anstrengenden Layouts liefert. Sie basieren insbesondere auf Erklärungsmustern für die Wahrnehmung von Geometrien.

So verweist das Prinzip der Konsistenz – auch bekannt als Gesetz der Ähnlichkeit – auf die einheitliche und eindeutige Verwendung didaktischer Mittel. Lehrmaterial sollte bzgl. seines Sprachstils, der Gestaltung von Text und Bild oder dem Einsatz spezieller Farben oder Symbolen (zum Beispiel Ausrufezeichen am Rand als Hinweis für prüfungsrelevante Inhalte [siehe Abb.: 1) nach einer konsistenten Logik gestaltet werden. Es ist zu begrüßen, wenn Lehrende bspw. Kernaussagen im Skript stets in einen hellgrauen Kasten setzen oder der Aufbau von Folien zur Vorlesungen einen ähnlichen roten Faden aufweist. Auf diese Weise erhalten Studierende einen guten Überblick und Orientierung.

Das Gesetz der Nähe plädiert dafür, zusammenhängende Elemente in räumlicher Nähe darzustellen. Erstellen Sie ein Arbeitsblatt, das ein Schaubild zeigt und einen dazu erklärenden Text, sollten diese möglichst nahe beisammen platziert werden, damit Lernende die Zugehörigkeit sofort erfassen.

Heben Sie Wichtiges von Unwichtigem hervor (Gesetz der Prägnanz): Definitionen, Merksätze oder zentrale Formeln sollten bspw. durch Farbe, Kontrast, Umrahmung oder Textformatierung hervorheben und so das Augenmerk der Studierenden gezielt dorthin setzen.

Weiter sollte auf eine möglichst symmetrische, strukturierte Anordnung von Objekten geachtet werden: Gleichgroße Bilder, die Anordnung von Elementen auf Fluchtlinien oder die einheitliche Verwendung von Vorlagen (z. B. bei Folien, so dass Überschriften immer an glei-cher Stelle platziert sind) schaffen Ordnung und Struktur (Gesetz der Symmetrie).

Ballstaedt, S.-P. (1997): Wissensvermittlung. Die Gestaltung von Lernmaterial. Weinheim: Beltz, Psychologie-Verl.-Union.

Reynolds, Garr (2013): Zen oder die Kunst der Präsentation. Mit einfachen Ideen gestalten und präsentieren. 2. Aufl., überarb. & aktualisiert. Heidelberg: dpunkt-Verl.

Thesmann, S. (2010). Einführung in das Design multimedialer Webanwendungen. Mit 29 Tabellen (Studium, 1. Aufl.). Wiesbaden: Vieweg + Teubner.

Wilbers, K. (2013). Wirtschaftsunterricht gestalten. Lehrbuch. 2. Auflage. Eine traditionelle und handlungsorientierte Didaktik für kaufmännische Bildungsgänge. Berlin: epubli GmbH.