Ablauf einer Lehrveranstaltung
26.09.23
In diesem Abschnitt wird eine Checkliste vorgestellt, an der sich Lehrende bei der Planung und Durchführung einer Lehrveranstaltung orientieren können. Je nach individueller Gestaltung der Lehrveranstaltung sind Abweichungen möglich.
Sechs Schritte zur Planung und Durchführung
1. Planung der Veranstaltung
2. Die erste Präsenzveranstaltung (synchron)
3. Selbstlernphasen (asynchron)
4. Präsenzphasen (synchron)
5. Selbstlernphasen (asynchron)
6. Präsenzphasen (synchron)
Forschungsergebnisse zur Effektivität des Flipped Classrooms
Zur Effektivität des Lehrformats an Hochschulen wurde in jüngerer Vergangenheit viel geforscht, sodass es nicht nur Einzelstudien gibt, sondern die Ergebnisse mehrerer Forschungsarbeiten in Metaanalysen zusammengefasst werden konnten. Inzwischen existieren sogar zwei Arbeiten, welche die Ergebnisse der vielen Metaanalysen integriert (Bredow et al., 2021; Hew et al., 2021). Die sehr umfassende „Meta-Metaanalyse“ (oder auch „Metaanalyse 2ter Ordnung“) von Hew et al., 2021 umfasst 15 Metaanalysen, die zwischen 2017 und 2020 veröffentlicht wurden und ein Vergleichsgruppendesign benutzten. Dies bedeutet, dass in den eingeschlossenen Studien jeweils eine Gruppe von Lernenden mit dem Lehrkonzept „Flipped Classroom“ unterrichtet wurde. In der anderen Gruppe wurden die Lernenden mit einer anderen Lehrmethode als dem Flipped Classroom unterrichtet. Als Erfolgskriterium, anhand dessen die beiden Gruppen dann verglichen wurden, wurde hier ausschließlich das von den Studierenden erworbene fachspezifische Wissen betrachtet, das zum Beispiel über Abschlussprüfungen oder standardisierte Tests abgeprüft und hierbei gemessen wurde. Die in den Studien enthaltenen Daten sind sehr umfangreich und geben Aufschluss zu verschiedenen Fächern, Ausbildungsniveaus (inklusive der Hochschule) und Kulturkreisen (da Publikationen in englischer, chinesischer und türkischer Sprache analysiert wurden).
Zusammengenommen liegen die Effektstärke (ES) dieser „Meta-Metaanalyse“ im kleinen Bereich (ES=.45, adjustiert um den sogenannten „Publikationsbias“ mit ES=.37 sogar etwas geringer; Hew et al., 2021). Eine Effektstärke von .37 kann man so interpretieren, dass diejenigen Studierenden, die mit dem Lehrkonzept Flipped Classroom unterrichtet worden sind, zu ca. 64% mindestens gleich gute oder bessere Lernergebnisse erzielen als diejenigen Studierenden, die nicht mit dem Flipped Classroom unterrichtet wurden. Ein solcher Unterschied lässt sich mit statistischen Methoden als signifikant nachweisen, ist jedoch noch so klein, dass er im Alltag mit bloßem Auge vermutlich schwer zu erkennen wäre. Würden wir die beiden Gruppen also unterrichten, würde uns dieser Unterschied vermutlich nicht (stark) auffallen.
Eine weitere Überblickspublikation in Form eines systematischen Literaturreviews in deutscher Sprache, das neben der Lernleistung der Studierenden auch andere Erfolgsfaktoren wie z.B. die studentische Zufriedenheit und den Erwerb praktischer Fertigkeiten (sog. „Skills“) einbezieht, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: Die Effekte für die Studien zum Flipped Classroom bewegen sich überwiegend im kleinen Bereich (Mayweg, Enders, Bohndick & Rückmann, angenommener Beitrag).
Alle in allem kann man die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse zum Flipped Classroom dahingehend interpretieren, dass man weder etwas verkehrt machen kann, noch seine Lehre deutlich verbessern kann, wenn man sich für das Lehrkonzept Flipped Classroom entscheidet. Die Forschungsergebnisse zeigen jedoch auch, dass diese Aussage nur dann gilt, wenn der Flipped Classroom an sich gut geplant und sorgfältig durchgeführt wird, wie es allgemein für die Gestaltung qualitativ hochwertiger Lehre gilt. . Einige Aspekte haben sich hier als besonders bedeutsam erwiesen: Hinweise zu den Gelingensbedingungen von Hochschullehre finden Sie hier
Die Zeit im Präsenzunterricht sollte beim Einsatz des Flipped Classroom nicht reduziert werden (van Alten et al., 2019). Zudem scheint das Lehrformat bei Studierenden in den ersten Semestern (z.B. im Bachelor) besser zu wirken als bei fortgeschrittenen Studierenden (im Master) (Låg & Sæle, 2019; Cheng et al., 2019). Auch sollte sein Einsatz nicht überstrapaziert werden, denn bei kürzerem Einsatz zeigen sich höhere Effekte (Låg & Sæle, 2019; Cheng et al., 2019).
Quellen
Böttcher, A., Kämper, A., Thurner, V. (2015). 2015 IEEE Global Engineering Education Conference (EDUCON), pp. 453-461
Bredow, C. A., Roehling, P. V., Knorp, A. J., & Sweet, A. M. (2021). To Flip or Not to Flip? A Meta-Analysis of the Efficacy of Flipped Learning in Higher Education. In Review of Educational Research. American Educational Research Association (AERA), Vol. 91, Issue 6, pp. 878–918
Cheng, L., Ritzhaupt, A. D. & Antonenko, P. (2019). Effects of the flipped classroom instructional strategy on students’ learning outcomes: a meta-analysis. Educational Technology Research and Development, 67(4), pp. 793–824. https://doi.org/10.1007/s11423-018-9633-7
DiZ-Zentrum für Hochschuldidaktik. http://www.hd-mint.de/lehrkonzepte/verstehen/just-in-time-teaching-jitt/
Hew, K. F., Bai, S., Dawson, P., & Lo, C. K. (2021). Meta-analyses of flipped classroom studies: A review of methodology. In Educational Research Review (Bd. 33, S. 100393). Elsevier BV. https://doi.org/10.1016/j.edurev.2021.100393
Jonsson, H. (2015). Using Flipped Classroom, Peer Discussion, and Just-in-time Teaching to Increase Learning in a Programming Course. 2015 IEEE Frontiers in Education Conference (FIE), vol. 00, no. , pp. 1-9
Låg, T. & Sæle, R. G. (2019). Does the Flipped Classroom Improve Student Learning and Satisfaction? A Systematic Review and Meta-Analysis. AERA Open, 5(3), 1-17. https://doi.org/10.1177/2332858419870489
Mayweg, L., Enders, N., Bohndick, C. & Rückmann, J. (angenommener Beitrag). Online, blended oder Präsenz? Zeitschrift für empirische Hochschulforschung.
Pengfei, G. & Mingxuan, Ch. (2015). Flipped classroom: Teaching experience from practice. 2015 International Conference of Educational Innovation through Technology, pp. 155-159
Sams, A. (2012). Der „Flipped“ Classroom. In: J. Handke & A. Sperl (Hrsg.), Das Inverted Classroom Model. Begleitband zur ersten deutschen ICM-Konferenz. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S. 13–22
Tao, Y., Liu, G., Mottok, J., Hackenberg, R. & Hagel, G. (2015). Just-in-Time-Teaching Experience in a Software Design Pattern Course. 2015 IEEE Global Engineering Education Conference (EDUCON), pp 915-919
van Alten, D. C., Phielix, C., Janssen, J. & Kester, L. (2019). Effects of flipping the classroom on learning outcomes and satisfaction: A meta-analysis. Educational Research Review, 28, 100281. https://doi.org/10.1016/j.edurev.2019.05.003
Wiemeyer, J. & Stroß, M. (2006). Evaluation von eLearningangeboten – Grundlagen und Anwendungsbeispiel. In V. Scheid (Hrsg.). Sport und Bewegung vermitteln (S. 150-153). Czwalina: Hamburg