Einsatz und Anwendungsmöglichkeiten

16.05.23

Lehrende sollten das Toolset idealerweise zu Beginn der Veranstaltung einführen. Es ist darauf zu achten, dass die technischen Voraussetzungen gegeben sind und die Grenzen und Möglichkeiten des Tools mit den Studierenden besprochen werden. So kann es sinnvoll sein, eine kurze Praxisübung zur Toolbedienung anzubieten oder die Anwendung live zu demonstrieren. Die spätere Verwendung (oder Nicht-Verwendung) sollte jedoch den Studierenden überlassen werden.

In welcher Phase des Leseprozesses der Einsatz von Visualisierungen am hilfreichsten ist, ist abhängig von der jeweiligen Texterfahrung der Studierenden selbst und daher eine individuelle Entscheidung. Es gibt gute Gründe für die Unterstützung vor, aber auch nach der ersten Textnäherung.

Vor dem eigentlichen Leseprozess kann es hilfreich sein, einen groben Überblick über den Inhalt zu gewinnen – in der Textnachbereitung können die Verbindungen zwischen den Begriffen hilfreiche Stützen sein.

Für die Lehrenden ist es notwendig innerhalb der Einführungsphase die Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen und zu benennen. Die folgenden beispielhaften Erläuterungen sollen die möglichen Einsatzszenarien näher beschreiben und Entscheidungshilfe liefern, zu welchem Zeitpunkt des Leseprozesses die Nutzung des Toolsets sinnvoll erscheint.

Textvisualisierung zur Unterstützung des ersten Leseprozesses

Studierende deren Aufgabe darin besteht einen 20-seitigen Text unbekannten Inhalts durchzuarbeiten, neigen gerne dazu, zunächst knappe Wikipedia-Artikel heranzuziehen, ehe sie die tiefere Einarbeitung in neue Themengebiete beginnen. Doch je spezieller die Studien sind, desto mangelhafter können solche Quellen, aufgrund fehlender Rückverfolgungsmöglichkeit zum jeweiligen Autor, sowie fehlenden Qualitätssicherungsverfahren, sein. Die Clusteranalyse kann einen ersten (rudimentären) Textüberblick schaffen. Sie weist besonders zentrale Begriffe aus, die dann gezielt und schon vor dem Leseprozess erkannt und bei Bedarf nachgeschlagen werden können. Dies ermöglicht einen flüssigeren Lesefluss und sensibilisiert für bestehende (linguistische) Verbindungen; also semantische Verbindungen zwischen bestimmten Begriffen, die dann im Textfluss rascher als relevant erkannt werden können.

Textvisualisierung zur Unterstützung der Textnachbereitung

Im Anschluss an das sorgfältige Lesen eines Textes steht die Nachbereitung des Gelesenen, zur:

  • Aufbereitung (um die Informationen später Nachnutzen zu können)
  • Reflexion (um das eigene Verständnis zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen)

MindMapping-Grundlage (Aufbereitung)

Die Begriffe des Clusters lassen sich nach Belieben individuell arrangieren, wobei die Verbindungen immer bestehen bleiben. So können Lehrende und Lernende individuelle MindMap-Vorlagen direkt aus den Fachtexten heraus generieren – und ergänzen. Je nachdem, wie umfangreich das Thema ist, sollte die Clustervisualisierung sehr großzügig auseinandergezogen werden, um ausreichend Platz für spätere Notizen zu haben.

Wissensüberprüfung (Reflexion)

Bei Unsicherheiten, was den Textinhalt betrifft, etwa ob alle relevanten Aspekte berücksichtigt wurden, ob der Inhalt wirklich verstanden wurde oder ob eine sogenannte Verständnisillusion herrscht, können die mit voreingestellten Parametern kreierten Kollokations-Cluster einen guten ersten Ansatzpunkt bieten. Ähnlich der von Lehrenden häufig genutzten Textverständnisfragen, nimmt die Visualisierung die Studierenden „an die Hand“ und bietet einen Ansatzpunkt für die Textreflexion:

  • Sind mir alle visualisierten Schlüsselbegriffe geläufig?
  • Welche Schlüsselbegriffe sind im jeweiligen Kontext besonders relevant / was fehlt?
  • Welche Verbindungen zwischen zwei Begriffen ist überraschend / unerwartet? Habe ich eine wichtige Wechselbeziehung übersehen?
  • Welche Verbindungen existieren? Kann ich benennen, wie die Begriffe inhaltlich verbunden sind? Das Tool zeigt bestehende Verbindungen und deren Intensität auf – wie die Begriffe inhaltlich verbunden sind, kann es nicht beantworten. Das ist die Ausgangssituation, anhand derer man sein eigenes Wissen überprüfen kann.

Definition und Funktionsweise „Kollokationscluster“

Ein Kollokationscluster visualisiert Begriffe, die (linguistisch betrachtet) signifikant häufig miteinander auftreten (vgl. Bußmann:2008). Je nach Häufigkeit der einzelnen Begriffe erscheinen diese größer oder kleiner – und sind mit unterschiedlich starken Linien verbunden. Starke Linien weisen demnach auf ein häufiges gemeinsames Auftreten hin.

Unterschieden wird zwischen Schlüsselwörtern (grün) und automatischen Begriffen (rot). Standardmäßig wird eine Auswahl der häufigsten Beziehungen von Schlüsselwörtern visualisiert. Dabei werden die Schlüsselwörter mit anderen Schlüsselwörtern, aber auch mit automatischen Begriffen verbunden, also solche Wörter, die von der Software eigenständig hinzugefügt wurden, da sie auffallend häufig mit den Schlüsselwörtern auftreten.