Beratungsaufbau in der Sprechstunde

Effektivität mit vier Phasen und vier Schritten

Um Sprechstunden und Beratungen effektiv zu gestalten, können Lehrende ein Vier-Phasen-Modell nutzen, was sich in vier Schritten bearbeiten lässt. Lesen Sie hier, wie das Ganze umgesetzt werden kann.

Beratungsaufbau

Bevor es in die Beratung geht: Anlass klären

Arbeitsfrage
Arbeitsfrage

Bitten Sie Studierende als Vorbereitung zur Sprechstunde um eine kurze Mail mit dem Anliegen. Leitfragen könnten hier sein:

  • Mit welchem Anliegen oder welchen Fragen kommen Sie in die Sprechstunde?
  • Was haben Sie schon unternommen, um diese Fragen zu klären?

Das Vorgehen hilft bei der Anliegensformulierung in der Sprechstunde schneller voran zu kommen. Manchmal erledigen sich Anliegen sogar durch das schriftliche Formulieren von selbst und Studierende senden die Mail nie ab.

Das Flowchart können Sie sich an die Bürotür hängen und Studierende auf die

1. Phase: Einstieg und Kontakt

Räume ansprechend gestalten

Der Einstieg dient dem „Aufwärmen oder Willkommen heißen“, was sich in der Begrüßung, Freundlichkeit des Lehrenden und dem räumlichen Setting darstellen kann. Ein Büro mit hohen Bücher- und Papierbergen erinnert mehr daran, dass Studierende im Terrain der Lehrenden zu Besuch sind. Eine eigene freigeräumte Beratungsecke, die vielleicht mit Schreibutensilien und Getränken bestückt ist, vermittelt eine professionelle und wertschätzende Atmosphäre – eine nicht zu unterschätzende Komponente erfolgreicher Gespräche. Wie auch in der Didaktik der Raum als „dritter Pädagoge“ bezeichnet wird, kann das sogenannte „Setting“ den Beratungsprozess beeinflussen.

Den richtigen Anfang finden

Anfängen von Gesprächen kommt eine prägende Bedeutung für den weiteren Gesprächsverlauf zu. Gerät ein Kontakt gleich zu Beginn in eine Schieflage, so sind erhebliche Anstrengungen der Beteiligten notwendig, um diese Ausgangslage anschließend zu modifizieren. Gerade in hierarchisch strukturierten Gesprächen wie denen zwischen Lehrenden und Studierenden ist es von entscheidender Bedeutung, welche Umgangsformen die Beteiligten zu Beginn etablieren.“ (Meer 2003, S. 4 f.)

Rahmen abstecken

Beim Einstieg gilt es darüber hinaus die Rahmenbedingungen zu klären, was also der Anlass des Treffens ist und wie viel Zeit zur Verfügung steht. Bei einer längerfristigen Betreuung gäbe es hier auch einen kurzen Bericht, was sich in der Zwischenzeit getan hat – oder die Besprechung der Zwischenergebnisse, die gemailt worden sind.

Empfehlungen für die Kontaktphase nach Meer (2003)

  • einen entspannten Gesprächseinstieg zu ermöglichen und deutlich zu machen, dass man für die Zeit dieser Sprechstunde ganz zur Verfügung steht
  • den Verzicht auf die Abwertung wartender Studierender, wie etwa „heute nimmt das ja gar kein Ende“
  • dem Gespräch einen sicheren Rahmen geben. Immerhin finden die meisten Sprechstunden im „Hoheitsgebiet“ der Lehrenden statt. Ein eigener Platz/Tisch für Gespräche schafft eine andere Atmosphäre als ein Gespräch zwischen Arbeitspapieren am Schreibtisch.
  • die Sprechzeiten von anderen Aufgaben freizuhalten
  • bestehende Anonymität auflösen, indem der Name beim Vorabkontakt per Mail wieder hervorgeholt wird oder der Name kurz erfragt wird
  • mehr fragen als reden

2. Phase: Anliegen formulieren

Anliegen herausschälen

Manche Studierende sind beim Anliegen schon klar und zielgerichtet, bei anderen ist es eine Art Problembeschreibung, die durch Nachfragen zunächst auf den Punkt gebracht werden muss. Eine offene Haltung, offene Frage, genaues Zuhören und das Wiederholen des Anliegens der Studierenden in eigenen Worten (Paraphrase) sind hier hilfreiche Techniken.

Im Beratungsprozess helfen diese vier Fragen

  1. Um was geht es? // Was beschreiben die Studierenden?
  2. Um was geht es eigentlich? // Was ist der springende Punkt, der sich vielleicht nur andeutet, der aber das eigentliche Anliegen ist?
  3. Was braucht es? // Bin ich überhaupt der richtige Ansprechpartner? Geht es hier um Informieren, Anleiten, Beraten oder das Delegieren an eine andere Stelle?
  4. Was kann und was will ich als Beratende*r hier? // Kann und will ich dies gerade leisten?

Leitfaden zum Formulieren von Anliegen, In Anlehnung an Meer (2003)

  • Ersteindrücke bewusst wahrzunehmen, aber die innere Haltung dem Studierenden gegenüber immer wieder zu überprüfen
  • Wahrnehmung von Unsicherheit und Selbstabwertung bei Studierenden zu registrieren und sie nicht als Hinweis auf generelle Inkompetenz zu verbuchen
  • eine studierendenorientierte Grundhaltung einzunehmen und sich klar zu machen, dass Studierende eben Lernende sind und sich in einem Entwicklungsprozess befinden
  • beobachtbare Defizite nicht zu ignorieren, sondern anzusprechen und bei deren Behebung zu unterstützen
  • mehr fragen als reden

3. Phase: Anliegen bearbeiten

Klassische Beratung und Sprechstunden

Klassische Beratung findet hauptsächlich durch Fragen und die Unterstützung des Entwicklungsprozesses statt. In Sprechstunden muss hingegen aufgrund der unterschiedlichen Anliegen zwischen Informieren, Anleiten, Beraten, Delegieren und mehr unterschieden werden.

  • Informieren: Studierenden Hinweise und Informationen geben
  • Anleiten: Studierende Schritt für Schritt bei der Bearbeitung einer Aufgabe anleiten und bei der Umsetzung Feedback geben
  • Beraten: Mit Studierenden im Gespräch gemeinsam eine Lösung für ein Anliegen durch einen Mix aus Fragen und Kommentaren finden
  • Delegieren: Studierende an andere Stellen verweisen oder auf Angebote hinweisen, damit Fragestellungen, die den Rahmen der Beratung sprengen, dort bearbeitet werden können

Leitfaden zum Anliegen formulieren und bearbeiten lassen, in Anlehnung an Meer (2003):

  • Konsequentes Nachfragen: Selbst wenn das Anliegen klar scheint, kann es hilfreich sein, noch konkreter nachzufragen, was der Studierende in diesem Zusammenhang klären möchte.
  • Unklarheiten explizit machen, indem das Gesagte wiederholt wird und beispielsweise ergänzt wird durch die Frage: „Du hast mir beschrieben, dass… . Wo genau siehst du das Problem? Wo genau benötigst du Unterstützung?“
  • Vermutungen über unausgesprochene inhaltliche Schwierigkeiten explizit machen, wie beispielsweise die Frage: „Ist es möglich, dass es ihnen eigentlich weniger um die Formalia der Hausarbeit geht als vielmehr um die Anforderungen und meine Erwartungen?“
  • Sicherstellen, dass die eigenen Ausführungen die Studierenden auch erreichen, z. B. indem man sie bittet zu formulieren, was sie aus der Beratung mitnehmen oder was ihre nächsten Schritte sein werden.
  • Für Studierende nachvollziehbare Formulierung von Feedback, die z. B. konkrete Verbesserungsvorschläge oder Entwicklungsrichtungen enthalten
  • Explizites Markieren von Erwartungen
  • Auch hier: Mehr fragen als reden

4. Phase: Ausstieg

Gespräch zusammenfassen

Es gilt hier eine Zusammenfassung des Gesprächs, die Ergebnisse und nächsten Schritte – am besten durch die Studierenden selbst – formulieren zu lassen. Beispielsweise: Könnten Sie mir jetzt noch einmal zusammenfassen, was Sie aus unserem Gespräch mitnehmen?

SMARTe Ziele setzen

Gerade das Formulieren realistischer Ziele ist ein wesentlicher Punkt, weshalb es manchmal schwierig ist, die vielen Anregungen aus der Sprechstunde umzusetzen.

Anregung oder Anweisung unterscheiden

Zudem sollten Lehrende die Frage stellen: Ist mein Feedback eine Anregung oder eine Anweisung? Dies gilt es transparent zu machen, um Frust zu vermeiden, falls das Besprochene nicht umgesetzt wurde. Wenn festgestellt wird, dass eine Anregung gegeben werden soll, ist eine veränderungsneutrale Haltung nützlich. Sie geht davon aus, dass es letztendlich in der Verantwortung der Studierenden liegt, ob sie Tipps umsetzen oder nicht.

Meer (2003) empfiehlt zum Beenden des Sprechstundengesprächs

  • Explizite Vollständigkeitsklärung
  • Arbeitsfähigkeit sicherstellen
  • Weitere Gesprächsangebote (bei Bedarf) machen

Ad-hoc-Beratungen

Neben den klassischen Sprechstunden, die organisiert sind und auf die sich Lehrende bis zu einem bestimmten Punkt einstellen können, kommt es immer wieder zu Gesprächen „zwischen Tür und Angel“. Diese Gespräche fangen oft mit dem Satz „Ich habe eine kurze Frage…“ an und können sich zu einem längeren Beratungsgespräch entwickeln. Lehrende müssen dabei in dieser ad-hoc-Situation im Blick behalten, was gerade möglich ist. Zumeist sind sie ja gerade auf dem Weg in eine Lehrveranstaltung oder zu einer anderen Verpflichtung.

Thomann (2011) betont die Chance, die sich durch diese niedrigschwellige Beratungssituation ergeben: Studierende trauen sich so nämlich möglicherweise eher informell Kontakt aufzunehmen und manche Fragen lassen sich direkt „auf dem kleinen Dienstweg“ lösen.

Lehrende, deren Sprechstunden kaum frequentiert werden, stellen fest, dass das informelle Gespräch nach der Lehrveranstaltung sich oft zu einer Sprechstunde am Hörsaalpult entwickelt. Nicht selten hören sie dann tatsächlich zehn Minuten früher auf, um Studierenden für ihre Fragen zur Verfügung zu stehen.

Thomann/Pawelleck (2013) unterscheiden folgende zehn Phasen in der Beratung:
Beratungsphasen Mögliche Fragen in der Ad-hoc-Situation
Anlass & Kontakt Welches Anliegen haben Sie?
Indikationsklärung Bin ich die richtige Ansprechperson?
Contracting Ist das ein Anliegen, welches in x Minuten bearbeitet werden kann? Braucht es eine Terminvereinbarung? Was erwarten Sie von mir?
Exposition Erzählen Sie doch kurz, worum es genau geht? Habe ich Sie richtig verstanden, dass…? Was haben Sie selbst schon unternommen?
Diagnose Was wäre hilfreich? Wo liegt die Schwierigkeit?
Suche nach Lösungsansätzen Wie sind Sie in ähnlichen Situationen vorgegangen? Kommilitonen von Ihnen haben a versucht. Was spricht für a, b oder c und was dagegen?
Einigung über das (weitere) Vorgehen Was machen Sie mit den Informationen? Was benötigen Sie noch von mir? Welches sind Ihre nächsten Schritte?
Vereinbarung von Zielen Welches Ziel nehmen Sie sich vor? Soll ich hier noch involviert sein? Falls ja, z. B.: Senden Sie mir mögliche vertiefende Fragestellungen zum Thema x bis zum TT.MM.JJJJ." Benötigen wir ein weiteres Gespräch?
Abschluss Ok, wir haben uns auf Folgendes geeinigt… Falls Sie noch Fragen haben, können Sie sich per E-Mail an mich wenden. Am TT.MM.JJJJ bekommen Sie von mir ein detailliertes Feedback zu ihrer Fragestellung zum Thema X.
Reflexion Kurze Notiz zum Gespräch: Wer, wann, was und Vereinbarung

E-Mail-Beratung

Beratung per E-Mail kann durch die Zeitverzögerung und Schriftlichkeit zur vertiefenden Reflexion führen und der Verlauf kann aufgrund der schriftlichen Dokumentation gut nachvollzogen werden. Gleichzeitig ist die textsprachliche Kommunikation aufgrund der fehlenden nonverbalen (Körpersprache) und paraverbalen (stimmlichen) Informationen anfällig für Missverständnisse und Eskalationen. Gefährlich ist hier eine Art Ping-Pong-Situation, in der einerseits konkretisierend nachgefragt und andererseits am springenden Punkt vorbei beraten wird. Deshalb empfiehlt es sich, Studierende gerade bei schwierigen Anliegen in die Sprechstunde zu bitten, wo das Anliegen viel schneller geklärt werden kann.

E-Mails können aber grundsätzlich zur Vor- und Nachbereitung der Beratung genutzt werden, indem Studierende aufgefordert werden, ihr Anliegen per Mail vorab zu schicken:

  • Mit welchem Anliegen/Fragen kommen Sie in die Sprechstunde?
  • Was haben Sie schon unternommen, um diese Fragen zu klären?

Beratungshaltung entwickeln

Wenn das eigene Selbstverständnis und eine Beratungshaltung (weiter-)entwickelt werden möchte, können folgende Fragen hilfreich sein:

  • Wann und wo biete ich Sprechstunden an?
  • Wie organisiere ich sie und in welchem räumlichen Setting finden sie statt?
  • Für welche Anliegen sehe ich mich zuständig, für welche nicht?
  • In welchen Rollen befinde ich mich? Welche Rollenkonflikte sollte ich zu Beginn thematisieren: Bewerten, Feedback-Geben, Beraten…?
  • Was kann ich den Studierenden anbieten und was nicht?
  • Wie verstehe ich Beratung und Betreuung?
  • Welche Informationen kann ich bereits in der Lehrveranstaltung vermitteln und transparent machen?
  • Welche Informationen können Studierende im Netz vorfinden?
  • Wie gehe ich mit E-Mails um?
  • An welche weiteren Angebote der Universität kann ich delegieren, bspw. Psychologische Beratungsstelle, AStA, Schreibberatung, Kurs zu Studiertechniken und mehr?

Herausfordernde Beratungen meistern

Sprechstunden, Beratungen und Betreuungen können eine Herausforderung sein. Nicht umsonst haben hauptamtlich Beratende in ihrem Berufsfeld regelmäßig Supervision oder kollegiale Beratung, um Klärungshilfe und Reflexionsmöglichkeiten für herausfordernde Situationen und Fälle zu erhalten.

Beratung an sich zeichnet sich ja gerade darin aus, dass Menschen Schwierigkeiten und Probleme haben und diese nicht alleine lösen können. Sie sind somit expliziter Teil des Beratungsprozesses und diese Unsicherheiten, Ängste oder Frustrationen können sich selbst im Beratungsprozess niederschlagen.

Wie Meer (2003) dargestellt, steigen manche Studierende vage und vorsichtig in die Sprechstunde ein, um sich nicht in den Vordergrund zu stellen. Dieses Verhalten kann bei Lehrenden Irritation und Ärger auslösen, was das weitere Gespräch prägt. Aber auch „auftretensstarkes“ und selbstbewusstes Verhalten, wenn es etwa um die Besprechung von Klausuren geht, kann zu einer Schieflage in der Kommunikation führen. Beispielsweise, wenn Studierende vehement verlangen, besser bewertet zu werden.

Lehrende als Beratende brauchen dann genug innere Distanz und Reflexion, um nicht sofort in Abwehr zu gehen, sondern mit vier Leitfragen der Beratung auf das eigentliche Anliegen zu kommen und eine möglichst konstruktive Lösung für beide Seiten zu finden.

  1. Um was geht es?
  2. Um was geht es eigentlich?
  3. Was braucht es?
  4. Was kann und will ich?

Wenn in Beratungen Themen wie Prüfungsangst, persönliche Probleme oder andere Schwierigkeiten auftauchen, geht es häufig um die Frage, wer für diese Anliegen die richtige Ansprechperson ist. Beratungen im Studium beziehen sich zumeist auf fachliche Fragen, wissenschaftliches Arbeiten und Fragen zum Studium. Gleichwohl gibt es viele Herausforderungen für Studierende das Studium und Leben zu meistern.

Lehrende sollten Beratungsangebote der Universität kennen und Studierende gegebenenfalls zum Beispiel zur Psychologischen Beratungsstelle verweisen können.

In besonders schwierigen Fällen ist es wichtig, sich auch als Lehrende*r Hilfe zu suchen. Passende Ansprechpersonen an der TU Darmstadt finden Sie bei uns.

Beratung bezieht sich auf das jeweilige Individuum und das kann an Hochschulen herausfordernd sein, wenn etwa wiederholt Erstsemester die vermeintlich immer gleichen Fragen in der Sprechstunde stellen. Hier gilt es dann einerseits zu überlegen, wo die Informationen in Lehrveranstaltungen und im Internet zur Verfügung gestellt werden können und zugleich „dem Fluch des Expert*innentums“ nicht zu erliegen. Vieles ist selbstverständlich, was für Studierende neu ist. Oder sie sind unsicher und suchen Orientierung und Bestätigung. Eine zunächst triviale Frage kann von Seiten der Studierenden der Versuch eines Gesprächsöffners für individuellen Kontakt sein.

Situationen und Probleme, die sehr belasten, können eine emotionale Betroffenheit mit sich bringen, die sich auch in Sprechstunden zeigen kann. Wenn Studierende unter Stress stehen oder hohe Ansprüche an sich haben, kann es sein, dass sie beispielsweise nach einer Rückmeldung in Tränen ausbrechen. Dann gilt es Ruhe zu bewahren, vielleicht ein Taschentuch oder ein Glas Wasser anzubieten und vor allem zunächst abzuwarten, also nichts zu tun. Vielleicht ist es der Person, die in der Sprechstunde weint, selbst unangenehm. Vielleicht kennt sie das schon für sich und erlebt es als ein „kurzes Entladen“ und dann kann es weitergehen. In der Beratung stellt sich die Frage: Wer hat das Problem und ist die Situation Beratenden unangenehm oder beiden?

Auch hier kann das aktive Zuhören helfen, indem die Situation vielleicht kurz thematisiert und mit einer Frage verbunden wird: „Das hat sie jetzt scheinbar mitgenommen. Gibt es etwas, das Ihnen jetzt helfen könnte?“

Die Person selbst weiß am besten, was sie braucht. Oft hilft eine Unterbrechung oder Verschiebung des Gesprächs, um nach einer kurzen Pause oder zu einem anderen Zeitpunkt das Gespräch wieder fortzuführen. Sowohl Lehrende als auch Studierende berichten häufig, wie gut es getan hat, wenn dieses Ereignis im Weiteren nicht mehr thematisiert wird.

Eine besondere Situationen sind Gespräche, die das Ende des Studiums mit sich bringen, weil die Studienleistungen unreichend waren. Diese gilt es fachlich und beraterisch gut vorzubereiten. Ist dem Studierenden bereits bekannt, welche Konsequenzen drohen? Wie werden Studiernede reagieren? Welche Informationen brauchen Studierende, um es zu begreifen? Braucht es eine zeitliche Unterbrechung, bevor über neue Ziele und Alternativen gesprochen wird? Manchmal finden solche Gespräche in Anwesenheit von Kolleg*innen aus dem Fachbereich statt, um das Gespräch zu dokumentieren.

Studierende reagieren in einer solchen Ausnahmesituation unterschiedlich und es gilt immer wieder zu klären, in welcher situativen Haltung sie sich befinden und welche Ziele in einem solchen Gespräch zu erreichen sind. Wer unter Schock steht, weil das Studium beendet ist, kann unter Umständen in diesem Moment die Gründe nicht aufnehmen. Wer in einer inneren Klagehaltung ist, möchte vielleicht darum kämpfen, doch noch im Studium bleiben zu können. Wer schon informiert kommt – und den ersten Schock verarbeiten konnte -, möchte vielleicht gerade die Gründe und Alternativen kennen. Vielleicht ist sind Studierende aber sogar froh, weil damit ein Studium, das kaum passte, beendet werden kann.

Beratung hat immer die Aufgabe, Situationen und Ereignisse aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen und diese möglichst lösungsorientiert zu begleiten. Nicht umsonst gibt es derzeit viele Initiativen, die sich mit Studienberatung, Studienabbruch und –alternativen beschäftigen. Wenn Studierende in Grenzsituationen sind, kann es wichtig sein, zu prüfen, ob es eine Neuorientierung etwa in Richtung Studiengangwechsel oder sogar Ausbildung braucht. Besondere Beratungsanliegen brauchen aber spezielle Beratungsangebote und Ratsuchende sollten deligiert werden.

Dodier, B. / Knatz, B. (2003): Hilfe aus dem Netz. Theorie und Praxis der Beratung per E-Mail. Stuttgart.

Lippmann, E. / Ulmann-Jungfer, G. (2008): E-Mail-Coaching und Präsenzcoaching – Überlegungen zu zwei Beratungsformen. In: Geißler, H. (Hrsg.): E-Coaching. Baltmannsweiler: Hohengehren.

Meer, D. (2003): „Wollen sie auch eine Bescheinigung?“ – Probleme und Verhaltensmöglichkeiten in hochschulischen Sprechstundengesprächen. In: Berendt, B./ Voss, H.-P. / Wildt, J. (Hrsg): Neues Handbuch Hochschullehre. Bonn, F2.3.

Piolot. P. (2014): Studienabbruch und Alternativen. Durchbeißen, Studienwechsel, Umstieg in den Beruf. Opladen: Farmington Hills

Radatz, S. (2010): Einführung in das systemische Coaching. Heidelberg.

Schumacher, E.-M. (2011): Schwierige Situationen in der Lehre. Opladen Farmington Hills.

Thomann, G., Honegger, M., Suter, P. (Hrsg.) (2011): Zwischen Beraten und Dozieren. Praxis, Reflexion und Anregungen für die Hochschullehre. Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung, Band 2. Bern: hep verlag.