Bildung für nachhaltige Entwicklung
Transformatives Lernen und Nachhaltigkeitskompetenzen in der Lehre
Lesen Sie hier, wie Lernende dabei unterstützt werden können, Wissen und Fähigkeiten so weiterzuentwickeln, dass sie sich der Klima- und Biodiversitätskrise und allen damit verbundenen sozioökonomischen Herausforderungen selbstsicher stellen können.

Worum geht es bei der “Bildung für Nachhaltige Entwicklung” (BNE)?
“Sie eröffnet allen Menschen die Chance zur Aneignung von Wissen, Werten und Kompetenzen, um informierte Entscheidungen zu treffen und verantwortungsbewusst zum Schutz der Umwelt, für eine bestandsfähige Wirtschaft und einer gerechten Gesellschaft für aktuelle und zukünftige Generationen zu handeln und dabei die kulturelle Vielfalt zu respektieren'' (UNESCO, o. J.).
So die Definition der . Einen guten Einstieg ins Thema bringt auch dieses Video am UNESCO sowie dieses BNE-Portal. Video der Universität Bern
Im September 2015 verabschiedeten 193 UNO-Staaten einen neuen Gesellschaftsvertrag, in dem sich jeder Staat und damit jede einzelne Person zur “” verpflichtet. Ziel ist es, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig zu gestalten. „Alle Lernenden müssen vom frühen Kindesalter an verstehen, dass ökologische Nachhaltigkeit eine Notwendigkeit ist und dass sie daran mitwirken müssen, unseren Planeten und unsere Zukunft zu schützen“, sagte die für Bildung zuständige EU-Kommissarin Marija Gabriel im Januar Agenda 2030 (APA-Science, 2022). Es braucht handlungsorientiertes Lehren und Lernen an Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen. Ebenfalls im Jahr 2015 wurden das 2022 und das Pariser Abkommen angenommen. Damit wurden in 2015 bedeutsame Bezugsrahmen entwickelt, die Auswirkungen für die inhaltliche und methodische Gestaltung jeder einzelnen Lehrveranstaltung in allen Fachgebieten haben sollten. Übereinkommen über die biologische Vielfalt
Der (wird in neuem Tab geöffnet) (IPCC, 2022) zeigt die besorgniserregenden Entwicklungen der Klimakrise auf und verdeutlicht, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Es geht dabei weit mehr als um Energieeffizienz oder Umstieg auf erneuerbare Energien, sondern um alle sozialen Implikationen, wie sie in der Agenda 2030 mit den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen erforderlich sind (mehr dazu im nächsten Abschnitt). Es geht dabei um die Überwindung von gesellschaftlichen Problemfeldern wie Armut, Hunger und sozialen Ungleichheiten. Auch im IPCC-Report wird die Bedeutung der Bildung betont, um nicht nur über die Klimakrise zu reden, sondern auch konkrete Handlungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen voranzutreiben. aktuelle Report des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
Eine ausführlichere Darstellung der BNE findet sich z. B. hier.
Die SDGs der Agenda 2030
Die der Vereinten Nationen sind im Zentrum der Agenda 2030 und damit in einer Bildung für nachhaltigen Entwicklung gerade auch in Hochschulen sowohl auf Ebene von Curricula, einzelnen Lehrveranstaltungen sowie interdisziplinären Lehrprojekten. 17 Sustainable Development Goals (SDGs)
Wesentliche Grundlagen, um die Vision des neuen Gesellschaftsvertrags mit den 17 SDGs in die Lehre und das Leben zu integrieren, liefern das Rahmenkonzept und Curriculum der UNESCO “ (wird in neuem Tab geöffnet)” (Hintergründe dazu Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives). Angeboten werden Lernziele, Lerninhalte und Methoden sowie eine ganzheitliche Pädagogik, welche die individuelle und systemische Transformation mit dem “The whole-institution approach” (UNESCO, 2014, S. 89, siehe finden sich hier) in den Blick nimmt. Mit diesem Ansatz werden Bildungseinrichtungen angeregt, neben nachhaltigskeitsbezogenen Lehrplänen auch transformatives Lernen für ihre Zielgruppen erlebbar zu machen. auch hier
Die SDGs berühren alle Lebensbereiche und zeigen konkrete Handlungsfelder und -optionen auf. Daher ist es in jedem Fachgebiet möglich, das im Fokus des Bildungsangebots einer Hochschule steht, enge Bezüge zu den Lehrveranstaltungsinhalten herzustellen, insbesondere auch in der Hinsicht, wie es auf Alltagshandeln angewendet werden kann. Beispielsweise betreffen die ersten vier SDGs die Überwindung von Armut und Hunger sowie die Förderung von Gesundheit und Bildung.
Eine andere Verdichtung der SDGs stellt ein aktueller Bericht des “Club of Rome” () dar, der fünf Handlungsfelder identifiziert: Beendigung der Armut, Beseitigung der immensen Ungleichheit, Geschlechtergerechtigkeit, Aufbau eines gesunden Ökosystems und der Einsatz von sauberer Energie. Der Bericht zeigt auf, wie Regierungen die nötige Transformation (also eine in jeder Hinsicht wahrnehmbare Veränderung von Handlungen und Strukturen) mit gesetzlichen Veränderungen vorantreiben können. Insbesondere in den Bereichen von gerechten Finanzflüssen, “Re-regionalisieren” des Handels, effizienteren Nahrungsmittel- und Energiesystemen und Bildung für alle sind Regierungen gefordert. Gleichzeitig adressiert wird jede*r Einzelne und sein*ihr Alltagsverhalten (vgl. Paar, 2022). Earth for all
Große Herausforderungen für die Bildung für nachhaltige Entwicklung sind sowohl die Komplexität und Vielschichtigkeit jedes SDGs sowie die Verwobenheit der Teilziele miteinander. Die Notwendigkeit zum gleichzeitigen, konkreten Handeln in allen Bereichen unseres Lebens stellt ebenso eine Herausforderung dar, bei der die Hochschullehre entscheidende Impulse liefern kann:
Denn mit der Agenda 2030 haben ALLE Menschen in Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft die Verantwortung zum Handeln, sowohl auf der individuellen als auch der systemischen Ebene. Die Zivilgesellschaft spielt eine wichtige Rolle, weil sie sowohl durch Initiativen und Innovationen die Zukunft gestaltet als auch das Handeln von Regierungen kritisch beobachtet. Zum Beispiel dokumentiert der weltweit tätige oder die lokal tätige Climate Action Tracker den aktuelle Umsetzungsstand der SDGs in Deutschland (Beispiele für 2030 watch Österreich;; Schweiz). Europa
Ein zu BNE hat die AG “Lehre des Bündnis nachhaltige Hochschulen” aus Österreich zusammengestellt. Dieses bietet auch eine “ Materialpaket” für Hochschullehrende aus allen Fachbereichen in das Feld BNE für den Hochschulbereich. Einstiegshilfe
Leave no one behind
BNE unterstützt im formellen, informellen und non-formellen Bildung und beim lebensbegleitenden Lernen. Damit das Motto der Agenda 2030 “Leave no one behind” zur Praxis wird, müssen sich auch ALLE als selbstwirksame und mutige Person erleben, konkrete Missstände, wie etwa Ungleichheiten oder Ausschluss von Teilhabe an Nahrung, Bildung, Gesundheit zusammen zu verändern.
BNE und Kompetenzorientierung
Die Krisen dieser Zeit und ihre Auswirkungen verlangen nach konkretem, mutigem Handeln. Ein Spannungsfeld ist dabei, die eigene Selbstwirksamkeit zu erleben und nicht von der Schwere dieser Herausforderungen erdrückt zu werden. Hochschullehre kann und soll dazu mit vielfältigen Methoden beitragen, dass sowohl Lernende als auch Lehrende diese Schlüsselkompetenz weiterentwickeln können.
BNE zielt sowohl auf die individuelle als auch auf die systemisch gesellschaftliche Transformation. Jede Person kann lernen, im kleinen oder größeren System Veränderungen zur Nachhaltigkeit anzustoßen, bei der Ausgestaltung mitzuarbeiten, bis eine nachhaltige Lösung erreicht ist.
Jung und Alt können sich dafür Kompetenzen aneignen und ausbauen – dies kann und soll in jeder einzelnen Lehrveranstaltung ein grundlegendes Gestaltungskriterium sein. Fachwissen und transformative Methoden tragen dazu bei, eine motivierte und tatkräftige Haltung zu entwickeln sowie bestehende Normen und Werte zu hinterfragen. Studierende, Lehrende, Forschende, alle Mitarbeiter*innen von Hochschulen sind aufgefordert, mit Blick auf die lokale und globale Lage neue und nachhaltige Perspektiven zu entwickeln, sich relevantes Wissen sowie vielseitige Fähigkeiten für die individuelle und systemische Transformation anzueignen. Sie werden so zu Nachhaltigkeitsbürger*innen, die dann kompetent handeln und die Agenda 2030 in der Praxis lebendig werden lassen.
Aktuelle Problemlagen erfordern, dass alle Fachbereiche zusammenwirken. In einer interdisziplinären Problemklärung, dem Auswählen und Abwägen von effektiven, allenfalls neu zu entwickelnden Methoden und Prozessen liegen gerade auch im Hochschulkontext die Potenziale von Nachhaltigkeitskompetenzen im Hochschulkontext. Dazu tragen innovative und kompetenzorientierte Lehrmethoden bei wie zum Beispiel (siehe auch Service Learning, das Netzwerk diesen Überblick), Hochschulen “Bildung durch Verantwortung” (siehe Zukunftswerkstätten), auch hier, utopische/dystopische Erzählungen bzw. Science-Fiction-Denken, auf die SDG-bezogenen Projekte oder das klassische Szenarioanalysen. Problem Based Learning
Verschiedene Kompetenzmodelle unterstützen Lehrende dabei, entsprechende Lernziele zu formulieren und dazu passende methodische Herangehensweisen auszuwählen. Einige Modelle werden exemplarisch vorgestellt:
Das Rahmenkonzept der UNESCO “ (wird in neuem Tab geöffnet)” hat ein Ziel: ALLE Menschen werden Nachhaltigkeitsbürger*innen und -veränder*innen. ALLE Bildungsverantwortlichen orientieren sich am Motto: “Living what we learn” (UNESCO 2017, S. 53). Education for Sustainable Development Goals. Learning Objectives
Das Rahmenwerk bietet Vorschläge für Lernziele und Inhalte im informellen, formellen, non-formellen sowie für das lebenslange Lernen an. Entlang jedes SDGs wird der Kompetenzaufbau skizziert und gezeigt, wie acht übergreifende Schlüsselkompetenzen von Nachhaltigkeitsbürger*innen mit entsprechenden Methoden entwickelt werden können.
Es gibt noch weitere Kompetenzrahmen rund um Bildung für nachhaltige Entwicklung; letztlich sind diese jenen der UNESCO nicht unähnlich, bringen aber zusätzliche Ausgangspunkte um Hochschullehre kompetenzorientiert zu gestalten. Hier drei besonders Relevante:
- – ein aktueller Kompetenzrahmen der Europäischen Kommission mit vier Handlungsfeldern (Verankern von Nachhaltigkeitswerten, Komplexität von Nachhaltigkeit, Zukunftsvision, Handeln für Nachhaltigkeit) und je drei zentralen Nachhaltigkeitskompetenzen. GreenComp
- (CH) – hier stehen 10 Kompetenzen im Fokus. éducation21
- Das (A) umfasst ebenso 10 Kompetenzen, die sich teils mit jenen aus dem GreenComp und von éducation21 überschneiden. BNE-Modell des Forum Umweltbildung
Living what we learn
ALLE Bildungsverantwortlichen orientieren sich am Motto: “Living what we learn” (UNESCO 2017, S. 53).
Ansatz der Self Awareness als Prinzip zur Handlungsorientierung
In diesem Abschnitt wird ein Fokus auf Self-Awareness gelegt. Diese Kompetenz wird im Modell der UNESCO im Deutschen nur unzureichend als Achtsamkeit oder Mindfulness übersetzt (siehe (wird in neuem Tab geöffnet), auch wenn hier Schule im Fokus ist, gilt das größtenteils 1:1 für den Hochschulbereich; dazu hier (wird in neuem Tab geöffnet), sowie weiterführend zu Achtsamkeit (wird in neuem Tab geöffnet)). Diese Fähigkeit geht weit über eine wertschätzende Selbst- und Fremdwahrnehmung hinaus und spannt den Bogen zwischen zwei Polen. Der eine Pol lässt sich mit dem Zitat von Greta Thunberg 2019 beschreiben: “I want you to panic!” – es geht darum, sich gerade auch im Rahmen der Hochschullehre den Fakten der Klima- und Biodiversitätskrise sowie des sozioökonomischen Ungleichgewichts in vielen Bereichen zu stellen. Aus der Panik muss dann konkretes Handeln folgen. Der andere Pol bezieht sich darauf, zur Ruhe zu kommen und Luft zu holen, in einer Welt inmitten von Klimakrise und Krieg. Es gilt, seinen Fokus zu finden in allen Lebensfeldern und die damit verknüpften Werthaltungen und Emotionen, für sich selbst, für die nähere und weitere Umgebung sowie Umwelt zu klären. aus dem Feld Lehrer*innenbildung
Die UNESCO definiert „Self-Awareness" als eine Kernkompetenz von Nachhaltigkeitsbürger*innen „Cross-cutting key competencies for achieving all SDGs“, um handlungsfähig agieren und einen guten Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen finden zu können (UNESCO, 2017).
Achtsamkeitsprogramme können zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele nachweislich beitragen (siehe den ebenso für die Hochschullehre sehr hilfreiche Kompetenzrahmen der (wird in neuem Tab geöffnet) sowie Inner Development Goals und. Dies spricht deutlich für eine Systematisierung dieser Angebote in allen Bildungseinrichtungen und in der Hochschulkultur. diese Studie
