Warum ist Aktivierung in der Lehre so wichtig?
„Ich habe so viel Stoff, den muss ich in 1,5 h einfach durchbringen!“;
„Hochschule ist dazu da, Stoff zu vermitteln, lernen sollen die Studierenden zu Hause!“; „Aktivierende Methoden sind doch Spielchen – eine Hochschule ist kein Kindergarten“;
„Die Studierenden sind Erwachsene und haben sich bewusst für ein Studium entschieden – daher setze ich ihre Motivation voraus!“
Diese und ähnliche Argumente halten manche Hochschullehrende davon ab, in ihren Lehrveranstaltungen interaktiv zu arbeiten und Studierende in die aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten zu bringen.
Natürlich müssen sich Studierende auch außerhalb der Lehrveranstaltung selbsttätig mit den Inhalten auseinandersetzen. Warum ist Aktivierung der Studierenden in der Lehrveranstaltung auch sehr wichtig?
Thesen zur Aktivierung
- Wissen aufnehmen ist der erste Teil des Lernprozesses, Wissen verarbeiten der zweite Teil, denn: Ohne Verarbeitung des gehörten/aufgenommenen Wissens bleibt nur sehr wenig oder kurze Zeit im Gedächtnis.
- Durch den Einsatz und die Verwendung von aktivierenden Methoden ist das erworbene Wissen auch deshalb nachhaltiger, weil dadurch die Studierenden zum eigenen Denken angeregt und dadurch wird das zuvor gehörte und aufgenommene Wissen in die individuellen kognitiven Strukturen der Lernenden aufgenommen werden.
- Aktivierung unterstützt das Tiefenlernen – im Gegensatz zum Oberflächenlernen. Dies hat die internationale Hochschulforschung zum studentischen Lernen nachgewiesen: Dort wird seit Ende der 1970er Jahre das „Tiefenlernen“ (englisch:„Deep approach“) vom „Oberflächenlernen“ (englisch: „Surface approach“) unterschieden. Während beim Oberflächenlernen die Reproduktion des Stoffes oder das Auswendiglernen im Vordergrund steht, entwickeln Studierende beim Tiefenlernen echtes Verständnis von Zusammenhängen. (Zuerst nachgewiesen durch Marton/Säljö sowie Dies. 1997. Siehe dazu auch: Biggs/Tang.)
Es gibt aus der internationalen Lehr-Lern-Forschung vielfältige empirische Beweise, dass ein Lehrstil, der die Studierenden zur Eigenaktivität auffordert, die Studierenden zum Tiefenlernen motiviert (z.B. Trigwell/Prosser; Dies. 1996 und 2004; Dies. et al. 2005 sowie Richardson 2005; aktuelle Ergebnisse unter: Choo Goh et al. 2014)
- Wissen kann vermittelt, Kompetenzen müssen erworben werden – das geht nur durch Aktivierung, bei der die Lernenden aufgefordert werden, das aufgenommene Wissen auf einen (ggf. sehr kleinen) Problemfall, eine Fragestellung oder eine Situation anzuwenden und das neu Erlernte zur Problemlösung oder zur Beantwortung einer Frage zu verwenden.
- Da Menschen höchst individuelle Wesen mit unterschiedlichen biographischen (Lern)Erfahrungen sind, sind die Lern- und Verarbeitungswege beim Lernen entsprechend hochindividuell. Der Einsatz verschiedener aktivierender Methoden ermöglicht den Lernenden unterschiedliche Verarbeitungsweisen des Gehörten bzw. Gelesenen.
- Ein Wechsel zwischen Aufnahme von Wissen (Zuhören und Verstehen der Ausführungen der Lehrenden) und Verarbeitung von Wissen durch Eigenaktivität schafft für die Lernenden wie für die Lehrenden auch Abwechslung im Lernprozess.
- Durch einen Wechsel von Passivität und Aktivität bleibt der Aufmerksamkeitspegel bei den Lernenden hoch.
- Auch die Lernmotivation steigt, wenn Lernende neu Erlerntes in einem eigenen gedanklichen oder konkreten Handeln anwenden können.
Um aktivierende Lehrveranstaltungen durchführen zu können, müssen Lehrende bei bestehenden Lehrveranstaltungen häufig den , um Zeit zu gewinnen (siehe Ritter-Mamczek, B. 2011). Stoff reduzieren
Insgesamt wird dadurch die Stoffmenge zwar reduziert, der vermittelte Stoff jedoch tiefer verarbeitet und langfristiger behalten.
