Generative Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre

30.04.2025

Wie verändert Künstliche Intelligenz das wissenschaftliche Arbeiten und Prüfen an Hochschulen?

Wie funktioniert generative KI?

Generative Künstliche Intelligenz (KI), wie ChatGPT, bewältigt unterschiedliche Aufgaben mit Hilfe von natürlicher Sprache. Beispielsweise können Zusammenfassungen vorhandener Texte als auch neue Texte durch KI-Tools erstellt werden (Weßels & Gottschalk, 2023). Eine Besonderheit liegt darin, dass die generierten Texte eigens für die Anwendenden erstellt werden und entsprechend in ihren Formulierungen immer einzigartig sind. Nach jeder Eingabe – genannt Prompt – sind alle Ausgaben folglich Unikate.

Die Technologie hinter generativer KI basiert auf Sprachmodellen, die inhaltliche Bedeutungen und Assoziationen von Wörtern miteinander verknüpfen, indem sie eine statistische Wahrscheinlichkeitsfunktion benutzen, die auch den Kontext des Geschriebenen berücksichtigt.

Im Gegensatz zu Suchmaschinen arbeiten Sprachmodelle mit Kontext statt Stichwörtern. Wird in bei einer Suche beispielsweise mit Schlüsselwörtern gearbeitet, so geben Nutzende in Modelle auch den gewünschten Kontext und die Aufgabenstellung ein.

In einer Suchmaschine würde beispielsweise folgende Eingabe für eine Suchanfrage genutzt werden: „KI + Hochschullehre“

In einem KI-Tool mit natürlicher Sprache würde hingegen ein Prompt zum Einsatz kommen: „Erkläre die Chancen und Herausforderungen von KI in der Hochschullehre mit Beispielen.“

Ein für Laien verständliches Erklärvideo zur grundlegenden Funktionsweise von ChatGPT ist im Youtube-Kanal der deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) verfügbar.

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Überprüfung der Faktenlage erforderlich

Bei der Verwendung generativer KI ist zu beachten, dass die ausgegebenen Antworten nur wahrscheinlich korrekt sind.

Liegt ChatGPT beispielsweise keine ausreichende Textbasis in den Trainingsdaten vor, dann erfindet das Modell mitunter Textpassagen, die zwar schlüssig zum vorigen Text passen, aber inhaltlich falsch sind – das sogenannte Halluzinieren. Somit liegt eine zentrale Anforderung an Nutzende und ein Lernziel für Studierende darin, richtige von falschen Informationen zu unterscheiden (Mohr et al., 2024).

Eine Halluzination eines KI-Modells bezeichnet eine Fehlbehauptung oder Erfindung, die von einem Sprachmodell wie ChatGPT generiert wird, obwohl sie falsch, unbelegt oder ausgedacht ist. Diese Halluzinationen können faktenbasiert (z. B. falsche Daten oder Zitate), logisch (z. B. widersprüchliche Argumentationen) oder kontextbezogen (z. B. unpassende Antworten) sein.

Hinzu kommt, dass KI-Tools oft keine oder teils halluzinierte Quellen angeben. Dieser Umstand beeinträchtigt wiederum das Arbeiten nach wissenschaftlichen Standards, denn in vielen KI-Tools kann nicht nachvollzogen werden, woher die generierten Informationen stammen. Quellen können demnach nicht angegeben werden. KI selbst kann nicht als zitierbare Quelle genutzt werden, weil der Output nicht reproduzierbar ist. Lediglich eine Kenntlichmachung von KI-Output im eigenen Text ist möglich.

Problematisch ist auch, dass der Output Plagiate enthalten kann, indem er Passagen fremder Autor*innen verwendet, ohne die Quelle anzugeben. Dadurch könnten die Rechte Dritter verletzt werden, insbesondere wenn der generierte Text ungeprüft übernommen wird. Hieraus entsteht ein weiteres Lernziel: auch bei der Nutzung von Tools die wissenschaftliche Integrität zu wahren.

Sensibilität hinsichtlich Bias

Ein weiterer Aspekt, der bei der Nutzung generativer KI beachtet werden muss, ist die mögliche Verzerrung durch Bias. Weder die Trainingsdaten noch die Modelle selbst sind per se moralisch oder ethisch. Zwar wird versucht, die maschinell generierten Inhalte an menschliche Bedarfe anzupassen. Der Output beruht aber auf den Daten, mit denen das Modell trainiert wurde. Enthalten diese einen Bias, etwa häufig wiederkehrende Stereotype zu Geschlecht oder Ethnie, können diese bei unkritischer Nutzung der KI-Tools reproduziert werden (Mohr et al., 2024; Salden, Lordick & Wiethoff, 2023).

Wie verändert KI das Lernen an Hochschulen?

Die fortschreitende Entwicklung von künstlicher Intelligenz hat massive Auswirkungen auf das akademische Lehren, Lernen und Arbeiten. Der professionelle und reflektierte Umgang mit KI wird zukünftig vom Arbeitsmarkt erwartet werden. Vor dem Hintergrund, dass entsprechende KI schon in vielen Anwendungen direkt verfügbar ist und beispielsweise in Textverarbeitungsprogrammen und Suchmaschinen integriert ist, wird es kaum möglich sein, ihren Einsatz zu kontrollieren oder darauf zu verzichten.

Neben Texten können KI-Modelle auch Programmiercode, Bilder oder Audioinhalte generieren. Dies verändert das wissenschaftliche Arbeiten in unterschiedlichen Disziplinen. So nutzen Studierende z. B. KI-Codegeneratoren wie GitHub Copilot, um Programmieraufgaben zu lösen. In kreativen Fächern werden Bildgeneratoren experimentell eingesetzt, um Ideen zu visualisieren.

Hochschulen und Lehrende sind gefordert zu definieren, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang der Einsatz von KI-Tools sinnvoll und legitim ist und wie KI-Kompetenzen Studierender gefördert werden können. Anpassungen an Studiengängen, Lernzielen und Prüfungsformen sind nötig.

Da KI schnelle Antworten liefert, hat das Auswirkungen auf die Lern- und Kommunikationskultur. Studierende könnten dazu neigen, zuerst eine KI zu befragen statt Mitstudierende oder Lehrende – was den fachlichen Austausch und gemeinsame Problemlösungen beeinflusst. Hohe KI-Nutzung kann also menschliche Interaktion verringern und daher zu Einsamkeit und geringer sozialer Eingebundenheit Studierender beitragen (Crawford et al., 2024). Lehrende sollten vor diesem Hintergrund darauf achten, dass genügend interaktive Lernaktivitäten, idealerweise vor Ort, einen Ausgleich schaffen.

KI-Kompetenzen erwerben und fördern

Künstliche Intelligenz durchdringt heute nahezu alle Lebens- und Berufsbereiche. Daher sollten Studierende unabhängig von ihrer Fachrichtung grundlegende KI-bezogene Kompetenzen erwerben. Die UNESCO betont in ihren AI Competency Frameworks, dass Bildungssysteme KI-spezifische Lernziele integrieren müssen, damit Lernende in allen Disziplinen verantwortungsvoll und kompetent mit KI umgehen und diese mitgestalten können (Miao & Shiohira, 2024).

Die erforderlichen Kompetenzen lassen sich in drei Kategorien einteilen:

  1. Technische Grundlagen und Verständnis der Funktionsweise von KI – z.B. Programmierung, Algorithmen und Datenverarbeitung.
  2. Anwendungsbezogene Fähigkeiten im jeweiligen Fachkontext – z. B. der effektive Einsatz von KI-Tools und -Methoden, inklusive der Fähigkeit, Datenqualität und Output kritisch zu bewerten.
  3. Kritisch-reflexive und ethische Kompetenzen – z.B. das Verständnis gesellschaftlicher Auswirkungen von KI, Biases, ethische Bewertung, Datenschutz und gesetzliche Entwicklungen

Je nach Fach variieren diese KI-Kompetenzen in Tiefe und hinsichtlich ihres Anwendungsbezugs.

Lehrende gewinnen folglich die Aufgabe, kritisch-reflexive KI-Kompetenzen im jeweiligen Fach zu fördern. Damit dies gelingt, braucht es auch aufseiten der die Bereitschaft, sich weiterzubilden, sich mit Kolleg*innen auszutauschen und zu experimentieren. Weiterhin müssen Sie didaktische Fähigkeiten zur Vermittlung dieser Kompetenzen besitzen.

Für die Förderung von KI-Kompetenzen bei Studierenden gibt es vielfältige Möglichkeiten. Inspiration bietet der KI-Use-Case-Katalog des Hochschulforums Digitalisierung sowie die zugehörige Online-Broschüre.

Risiken für Lernprozesse: verbesserte Lernprodukte – aber weniger gelernt

Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Nutzung von KI-Tools auf Lernprozesse selbst hat. Studierende können KI-Tools auf verschiedene Weisen nutzen, entweder um Lernen zu vermeiden, sich zu entlasten, um bessere Ergebnisse zu erzielen oder um vertieft zu lernen. Buck und Limburg (2023) stellen entsprechende KI-Nutzung übersichtlich dar (s. Abbildung 1).

Abbildung 1: Nutzungsszenarien von KI im Lern-/Schreibprozess in Anlehnung an Buck & Limburg (2024)
Abbildung 1: Nutzungsszenarien von KI im Lern-/Schreibprozess in Anlehnung an Buck & Limburg (2024)

Erste Studien weisen darauf hin, dass Produkte, die im Lernprozess entstehen, zwar besser sein können (z.B. Abgaben, Essays, Übungsblätter), aber weniger Lernen stattgefunden hat (Abbas et al., 2024, Bastani et al., 2024). Richtig produktiv können nur Nutzende KI-Output verarbeiten, die selbst ein hohes Fachwissen aufweisen (Toner-Rodgers et a., 2024). Lehrende sollten daher bewusst entscheiden, wann und wozu sie KI-Unterstützung empfehlen oder nicht empfehlen. Die didaktischen Entscheidung für oder gegen die Nutzung von KI-Tools sollte den Studierenden gut begründet werden, damit sie verstehen können, warum zunächst mit oder ohne KI gearbeitet werden soll.

Klare Regeln der Lehrenden vermindern Unsicherheit Studierender

Wo keine spezifischen Vorgaben in Prüfungsordnungen vorhanden sind, haben Lehrende aufgrund der Freiheit der Lehre (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz) das Recht, Studierenden Hilfsmittel zu erlauben oder zu verbieten. Damit Studierende Sicherheit gewinnen, wie und zu welchem Zweck Sie generative KI nutzen dürfen und wie sie die Nutzung kenntlich machen sollen, ist eine konkrete Anleitung mit Beispielen durch die Lehrenden notwendig. Entsprechende Anleitungen sollten in allen Fächern möglichst ähnlich gestaltet sein, damit Studierende einen verlässlichen und einheitlichen Rahmen vorfinden.

Chancengleichheit sicherstellen

Um allen Studierenden gute Startbedingungen zu verschaffen, muss darauf geachtet werden, dass alle Studierende KI-Kompetenzen erwerben können. Folglich ist es besonders wichtig, den Umgang mit diesen Tools zum festen Bestandteil der wissenschaftlichen Ausbildung zu machen, damit eine Verschärfung eines „digital devide“ vermieden werden kann (Salden, Lordick & Wiethoff, 2023, S. 15). Daher sollten Studierende gezielt über eingesetzte KI-Tools informiert und ihnen die Möglichkeit zum Üben der Anwendung gegeben werden (Weßels, 2022). Darüber hinaus muss insbesondere bei Pflichtveranstaltungen dafür gesorgt werden, dass alle Studierenden gleiche Chancen haben, indem Lizenzen zur Verfügung gestellt werden.

Personalisierte Lernbegleitung durch KI

Generative KI kann in einer Tutor:innenfunktion genutzt werden, der Lernende gezielt unterstützt. Solche personalisierten Hilfen machen neue Kompetenzen in kurzer Zeit zugänglich und können den Studienalltag erleichtern. Von Lehrenden trainierte Modelle bieten eine fachlich fundierte Basis, in der Studierende sich auf die Richtigkeit der Antworten verlassen können. Eine Möglichkeit zur spezifischen Nutzung von KI-Modellen ist das Prompting mit Rollenzuweisung oder das erstellen eines eigenen GPT in ChatGPT.

Wie verändert generative KI das wissenschaftliche Arbeiten?

Neben der Rolle generativer KI in Lernprozessen stellt sich auch die Frage nach ihrer Wirkung auf wissenschaftliche Praxis und Schreibprozesse.

Was können KI-Tools beim Schreiben leisten?

Die zentralen Funktionen, die generative künstliche Intelligenz im Schreibprozess übernehmen kann, bestehen nach Salden, Lordick & Wiethoff (2023) in

  • Textgenerierung und -korrektur
  • Strukturierungsvorschläge
  • Paraphrasieren und Umschreiben
  • Ideengabe im Prozess des kreativen Schreibens
  • Literaturrecherche
  • Bewertung von Texten
  • Übersetzen

Diese Funktionen machen KI-Tools zu potenziell hilfreichen Begleiter*innen in verschiedenen Phasen des wissenschaftlichen Arbeitens – vorausgesetzt, ihr Einsatz erfolgt reflektiert und in Kenntnis ihrer Grenzen.

KI-bezogene Kompetenzen für wissenschaftliches Arbeiten

Dazu müssen entsprechende Kompetenz-/ bzw. Lernziele im Umgang mit KI definiert werden. Hier einige Vorschläge (in Anlehnung an Salden, Lordick & Wiethoff, 2023, S. 13) für Lernziele zum wissenschaftlichen Arbeiten mit KI.

Die Studierenden können…

  • erklären, wie KI-gestützte Tools zum wissenschaftlichen Arbeiten funktionieren
  • die Einsatzmöglichkeiten und Grenzen von KI für das wissenschaftliche Arbeiten beurteilen.
  • KI im Schreibprozess zur Unterstützung bei der Textproduktion einsetzen
  • zielführende Prompts für die KI schreiben
  • die durch eine KI erstellten Ausgaben vor dem Hintergrund der Standards des wissenschaftlichen Arbeitens im eigenen Fach bewerten
  • die rechtlichen Rahmenbedingungen beim wissenschaftlichen Arbeiten mit KI umsetzen

Prompting als Schlüsselkompetenz

Im Zusammenhang mit diesen Kompetenzzielen ist insbesondere die Fähigkeit zum zielführenden Prompting hervorzuheben, da diese sich unmittelbar auf die Qualität der von generierten Texten auswirkt (Gimpel, 2023; Spannagel, 2023b). Ein effektives Vorgehen bei der Texterstellung mit generativer KI ist daher recht kleinschrittig und macht viele präzise Einzelprompts erforderlich – eine Schlüsselkompetenz im Umgang mit KI (Salden, Lordick & Wiethoff, 2023).

Aktiv mitdenkender Nutzungsmodus als Ziel

Entsprechend bestehen KI-bezogene Kompetenzen, die Studierende zukünftig erwerben sollen, nicht nur darin, das vielfältige Anwendungsspektrum zu kennen, sondern auch darin, das Bewusstsein für die Stärken und Schwächen der KI zu schärfen und ein kritisches Hinterfragen der Einsatzmöglichkeiten und Resultate anzuregen. Studierende sollten Lerngelegenheiten erhalten, in denen sie einen Nutzungsmodus erwerben, in dem sie KI als Schreibpartner*in begreifen und aktiv- mitdenkend in den Dialog mit generativer KI gehen (Herzberg & Reinmann, 2025).

Empfehlungen an Studierende

Für das wissenschaftliche Arbeiten mit generativer KI können folgende Empfehlungen für Studierende in die Lehre integriert werden:

  • Reflektieren Sie über Ihre Lernziele: vermeiden Sie durch KI-Nutzung eigene kognitive Anstrengung oder nutzen Sie KI so, dass Sie hinterher mehr wissen und können?
    Nutzen Sie KI nur dann, wenn ihr Lernen dadurch nicht behindert wird. Manchmal bedeutet dies, eine schwierige Aufgabe zunächst eigenständig zu durchdringen, bevor man KI befragt.
  • Nutzen Sie KI als interaktive*n Lernpartner*in, um eigene kognitive Leistungen zu verbessern. Sie nutzen das KI-Tool dabei um Informationen zu gewinnen, Ideen zu entwickeln, oder Probleme zu lösen. Dabei denken Sie über die gegebenen Antworten nach, wägen kritisch ab und verarbeiten die Inhalte eigenständig im Austausch mit der generativen KI laufend weiter (Herzberg & Reinmann, 2025) Dies setzt voraus, dass Sie schon genügend eigenes Fachwissen haben, um die Antworten von KI kritisch bewerten zu können
  • Prüfen Sie KI-Output mit anderen Quellen auf mögliche Fehler oder Oberflächlichkeiten.
  • Lassen Sie sich Studien und Lernmaterialien nur von KI zusammenfassen, um effizienter zu einer guten Auswahl von brauchbaren Quellen oder Zitaten für Ihre wissenschaftliche Arbeit zu gelangen. Lesen und verarbeiten Sie die Quellen dann aber selbst, um Fehler zu vermeiden und ein eigenes, tiefes Verständnis zu erlangen.
  • Beachten Sie gesetzliche und prüfungsrechtliche Vorgaben zum wissenschaftlichen Arbeiten, u.a. die Regeln zu akademischer Ehrlichkeit: diese sieht vor, dass Sie kenntlich machen, was von Ihnen selbst geschrieben ist und was Sie von anderen Quellen oder von KI übernommen haben. Empfehlungen zur Kenntlichmachung und Dokumentation von KI-Generaten (wird in neuem Tab geöffnet) bietet die Webseite der Universitäts- und Landesbibliothek.
  • Achten Sie auf Risiken bei der Verwendung von ChatGPT: nutzen Sie möglichst KI-Tools so, dass Ihre persönlichen Daten nicht gespeichert werden. Das Hochladen von Materialien, die noch nicht im Netz verfügbar sind darf nur mit dem Einverständnis der Autor*innen erfolgen.

Veränderungen von Schreibkompetenzen durch KI

Darüber hinaus lohnt ein Blick auf die grundlegenden Veränderungen von Schreibkompetenzen durch KI. Im Hochschulkontext wird diese Kompetenz für die Bearbeitung unterschiedlicher Aufgabenstellungen und -typen benötigt. Hanke (2023) unterscheidet diesbezüglich vier Funktionen des Schreibens:

  1. Unterstützung des Lernens,
  2. Überprüfung von Wissen,
  3. Dokumentation von Arbeitsprozessen und
  4. wissenschaftliches Arbeiten.

Ihrer Einschätzung nach sind insbesondere die ersten beiden Funktionen durch die neuen KI-gestützten Technologien gefährdet, da Studierende Schreibaufgaben, die eigentlich zur Unterstützung kognitiver Aktivitäten gedacht waren, an die KI auslagern könnten.

Darüber hinaus ist das Schreiben in vielen Fächern ein integraler Bestandteil der fachlichen Sozialisation ist (Salden, Lordick und Wiethoff, 2023). Vermutlich ist es besonders häufig diese oft nicht explizit formulierte Funktion des Schreibens, die bei Hochschullehrenden Widerstände gegen den Einsatz KI-gestützten Schreibens in der Hochschule hervorruft. Es wird befürchtet, dass der Teil der Fachlichkeit verloren geht, der mit wichtigen Sozialisationsprozessen im Hochschulstudium verbunden ist.

Generative KI und anspruchsvolle Schreibaufgaben

Insbesondere Schreibaufgaben, die der Unterstützung des Lernens durch den Schreibprozess dienen, indem sie eine tiefere Reflexion der Lerninhalte und echtes Verständnis von Konzepten und Zusammenhängen anregen, werden durch den Einsatz von KI beeinträchtigt, wenn Studierende unreflektiert KI-Output übernehmen. Eine Lösungsmöglichkeit könnte sein, den Einsatz von KI anfänglich bei diesen Aufgaben zu unterbinden. Dies sollte den Lernenden didaktisch begründet werden. Eine weitere Lösungsmöglichkeit besteht darin, dieses Problem direkt zu adressieren und das metakognitive Bewusstsein der Studierenden für ihre eigenen Lernprozesse im Umgang mit KI zu schärfen. Dadurch wird auch die Motivation gestärkt, zeitweise ohne KI zu arbeiten oder einen Nutzungsmodus einzunehmen, in dem KI kognitiv erweiternd als interaktive*n Lernpartner*in verwendet wird. Hierzu müssen die entsprechenden reflexiven Prozesse bezüglich

  • der Funktionen des Schreibens für das eigene Lernen,
  • die Rolle der KI im Schreibprozess und
  • das kritische Prüfen und Durchdenken der Ausgaben der KI als Lernanlass genutzt werden, um eine Tiefenverarbeitung der Lerninhalte zu erreichen.

Damit verändert sich die Art der geistigen Eigenleistung bei dieser Art von Schreibprozessen weg vom Generieren hin zu reflexiv-bewertenden kognitiven Aktivitäten. Entsprechend müssen auch die Bewertungskriterien und die Gewichtung bei der Benotung verändert werden.

Für Schreibaufgaben, die der Dokumentation von Arbeitsprozessen und dem wissenschaftlichen Arbeiten dienen, wird erwartet, dass diese zukünftig KI-unterstützt bearbeitet werden (vgl. Abschnitt oben „KI-bezogene Kompetenzen für wissenschaftliches Arbeiten“).

Bei der sprachlichen Überarbeitung wurde eine KI-Anwendung (ChatGPT) eingesetzt. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei der Autorin.

Abbas, M., Jam, F. A., & Khan, T. I. (2024). Is it harmful or helpful? Examining the causes and consequences of generative AI usage among university students. International Journal of Educational Technology in Higher Education, 21(1), 10.

Buck, I., Limburg, A. (2023, 14. Juni). Wissenschaftliches Arbeiten und Wissenschaftssozialisation unter Bedingungen von KI-Sprachtools [Video] YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=C2ul1ZZPocA

Buck, I., & Limburg, A. (2024). KI und Kognition im Schreibprozess: Prototypen und Implikationen. JoSch–Journal für Schreibwissenschaft, 15(26), 8-23.

Bastani, H., Bastani, O., Sungu, A., Ge, H., Kabakcı, Ö. & Mariman, R. (2024). Generative AI can harm learning. SSRN Electronic Journal. https://doi.org/10.2139/ssrn.4895486

Crawford, J., Allen, K. A., Pani, B., & Cowling, M. (2024). When artificial intelligence substitutes humans in higher education: the cost of loneliness, student success, and retention. Studies in Higher Education, 49(5), 883-897.

Gimpel, H., Hall, K., Decker, S., Eymann, T., Lämmermann, L., Mädche, A., Röglinger, M., Ruiner, C., Schoch, M., Schoop, M., Urbach, N. & Vandirk, S. (2023). Unlocking the power of generative AI models and systems such as GPT-4 and ChatGPT for higher education. https://digital.uni-hohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/digital/Generative_AI_and_ChatGPT_in_Higher_Education.pdf

Hanke, U. (2023, 8. Februar). Lernen und Prüfen in einer Welt mit ChatGPT mit Hilfe der Lernzieltaxonomie. [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=re5j1I6jHTE

Herzberg, D., Reinmann, G. (2025). Dialogmaschinen im kommunikativen Beziehungsgeflecht der Hochschulbildung: Idealtypisch Nutzungsmodi. Impact Free. https://gabi-reinmann.de/wp-content/uploads/2025/03/Impact_Free_62.pdf

Miao, F., & Shiohira, K. (2024). AI competency framework for students. UNESCO Publishing.

Mohr, G., Reinmann, G., Blüthmann, N., Lübcke, E., Kreinsen, M. (2024). Übersicht zu ChatGPT im Kontext der Hochschullehre. https://www.hul.uni-hamburg.de/selbstlernmaterialien/dokumente/hul-chatgpt-im-kontext-lehre-2023-01-20.pdf

Salden, P., Lordick, N. & Wiethoff, M. (2023). KI-basierte Schreibwerkzeuge in der Hochschule. Eine Einführung. https://hss-opus.ub.ruhr-uni-bochum.de/opus4/frontdoor/index/index/docId/9734

Spannagel, Christian (2023b, 28. Februar). ChatGPT & Co. in der Hochschullehre [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=aM6fZuH1cGw

Spannagel, Christian (2023c, 17. März). #ChatGPT als kognitives Werkzeug [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=J9W2Pd9GnpQ

Toner-Rodgers, A. (2024). Artificial intelligence, scientific discovery, and product innovation. https://arxiv.org/abs/2412.17866

Weßels, D. & Gottschalk, O. (2022). Hochschullehre unter dem Einfluss des KI-gestützten Schreibens. https://hochschulforumdigitalisierung.de/de/blog/Hochschullehre-KI-gestuetztes-Schreiben

Weßels, D. (2022, 20. Dezember) ChatGPT in der modernen Lehre [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=_QaVNFuH6Cw