Lernergebnisse
Was lernen Studierende durch „Forschendes Lernen“?
Neben einem bildungstheoretischen Zugang (universitäre Bildung erfolgt nur durch Teilhabe an der Wissenschaft) wird für das Forschende Lernen auch ein qualifikationstheoretischer Zugang formuliert: eine wissenschaftliche Ausbildung ermöglicht den Erwerb von Wissen und Methoden des Faches.
Weiten wir den Blick auf akademische Kompetenzen, so zeichnen sich diese nach Schaper (2012, S. 93) durch Folgendes aus:
- ….durch spezifische Befähigungen zur Anwendung wissenschaftlicher Konzepte auf komplexe Anforderungskontexte,
- zur wissenschaftlichen Analyse und Reflexion,
- zur anschlussfähigen Kommunikation von wissenschaftlichen Wissensbeständen und – konzepten und Methoden und
- zur Selbstregulation und Reflexion des eigenen problemlösungs- und erkenntnisgeleiteten Handeln aus (Schaper 2012, S. 93).
Beim Forschenden Lernen wird die Ausbildung dieser akademischen Kompetenzen explizit gefordert. Neben dem (selbsttätigen) Erwerb von Fachwissen und dem Erwerb von jeweils für das Fach wichtige Forschungsmethoden entwickeln Studierende eine forschende Haltung und allgemeine Kompetenzen wie selbstständiges Arbeiten, Motivation zur Eigenverantwortung, Zeitmanagement, soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit sowie – so die Projekte in Arbeitsgruppen bearbeitet werden – auch Kommunikations- und Diskussionsfähigkeit sowie Reflexionsfähigkeit (Hellmer 2009, S. 214ff).
Werden die o. g. Kompetenzen entlang des Forschungszyklus’ differenziert, ergibt sich folgendes Bild:
Schritt | Tätigkeiten im Forschungszyklus | Kompetenzerwerb |
---|---|---|
Entwickeln der Forschungsfrage | Erwerb von Fachwissen, Erkennen von Desideraten, Suche nach der „richtigen“ Forschungsfrage |
Entwicklung einer forschenden Haltung Selbstständiges Arbeiten Erwerb von Fachwissen |
Erhebungsphase | Auswählen, Anwenden von Forschungsmethoden; Erkennen von Problemen, Lösungssuche |
Zeitmanagement, Selbständiges Arbeiten, Team-fähigkeit, Frustrationstoleranz Methodenkompetenz |
Auswertung und Präsentation bzw. Kommunikation | Auswahl, Aufbereitung von Daten (Reduktion); Präsentation (schriftlich, mündlich) und Diskussion mit Fachcommunity |
Kritik- und Reflexions-fähigkeit, Kommunikationsfähigkeit Präsentationskompetenzen bzw. wiss. Schreiben |
Wirksamkeit – Wie wirksam ist „Forschendes Lernen“?
Durch die Ausweitung der theoretischen Diskussion, vornehmlich aber durch die schon vorliegenden praktischen Erfahrungen in den anglophonen Ländern liegen vor allem dort inzwischen empirische Ergebnisse zum studentischen Lernen und ihrer Kompetenzentwicklung durch Forschendes Lernen vor.
Einige zentrale Ergebnisse lauten wie folgt: (v. a. aus den SURE-Forschungen/ USA, s. u.):
- Forschendes Lernen kann als Katalysator für die Entwicklung von Studierenden, unabhängig von Disziplinen und Fächern, Geschlechtern und Ethnien wirken (Lopatto, 2004).
- Forschendes Lernen unterstützt Studierende bei der Entwicklung verschiedener Fertigkeiten („Skills“), inklusive Hypothesenformulierung, Entwurf von Forschungsdesigns, Durchführung und Auswertung von Ergebnissen, Lese- und Kommunikationsfähigkeiten (Lopatto, 2006), aber es erhöht auch ihre generelle Zufriedenheit (Lopatto, 2004, S. 276).
- Darüber hinaus gibt es zwei „Gewinne“ („dual gains“) hinsichtlich der Professionalierung von Studierenden: eine Verbesserung ihres berufliches Fort- und Weiterkommens („professional advancement“) und ihres professionelles Verhalten („professional behavior“) (Lopatto, 2004, S. 23)
- Studierende werden herausgefordert, über eine akademische Karriere nachzudenken und sich dafür zu entscheiden; dies gilt geschlechts- wie ethnienübergreifend (Lapatto 2004, S. 276).
In Deutschland wird Begleitforschung zu Forschendem Lernen im Rahmen des Qualitätspakts Lehre an der Humbold-Universität zu Berlin durchgeführt. Einen Überblick zu dieser Forschung findet sich hier.
Quellen und eine weitere Auswahl von Artikeln zu Forschungsergebnissen
Lopatto, D. (2004): Survey of Undergraduate Research Experiences (SURE): First Findings. In: Cell Biology Education, Vol. 3, 270-277, verfügbar unter:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC533131/ (Stand 10.10.2018)
Lopatto, D. (2006): Undergraduate Research as a Catalyst for Liberal Learning, peerReview, S. 22-25 (herausgegeben AAC&U: Association of American Colleges & Universities)
Lopatto, D. (2007): Undergraduate Research Experiences Support Science Career Decision and Active Learning, in: CBE-Life Sciences Education, Vol. 6, 297-306; verfügbar unter: https://www.lifescied.org/doi/full/10.1187/cbe.07-06-0039 (Stand 10.10.2018)
Lopatto, D. (2009): Science in Solution. The Impact for Undergraduate Research on Student Learning. Tuscon, AZ: Research Corporation for Science Advancement; verfügbar unter: http://web.grinnell.edu/sureiii/Science_in_Solution_Lopatto.pdf (Stand 10.10.2018)
Hellmer, J. (2009): Forschendes Lernen an Hamburger Hochschulen – Ein Überblick über Potentiale, Schwierigkeiten und Gelingensbedingungen, in: Huber, L. et al. (Hrsg.): Forschendes Lernen im Studium, S. 200 – 223. Bielefeld: Universitätsverlag Webler.
Hunter, A.B., Laursen, S.L., Seymour, E. 2007: Becoming a scientist: The role of undergraduate reseach in students’ cognitive, personal, and professional development. Sciences Education, Vol. 91, Issue 1, 36-74, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/sce.20173 (Stand 10.10.2018)
Schaper, N. (2012): Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre; ausgearbeitet für die HRK. Online unter: https://www.hrk-nexus.de/fileadmin/redaktion/hrk-nexus/07-Downloads/07-02-Publikationen/fachgutachten_kompetenzorientierung.pdf (Stand: 10.10.2018)
Schneider, R. (2009): Kompetenzentwicklung durch Forschendes Lernen? In: HDZ TU Dortmund (Hrsg.): Journal Hochschuldidaktik, H. 2/2009, S. 33 – 37, s. Abb. 6: „Kompetenzstufenmodell“ siehe Link: http://www.zhb.tu-dortmund.de/hd/fileadmin/JournalHD/2009_2/Journal_HD_2009_2.pdf (Stand: 10.10.2018)
Schneider, R., Wildt, J. (2007): Forschendes Lernen in Praxisstudien – Ein hochschuldidaktisches Konzept zur Förderung professioneller Kompetenzen in der Lehrerbildung. In Journal Hochschuldidaktik, 18 (2007), H. 2, S. 11-15.
Seymour, E., Hunter, A. B., Laursen, S.L. & Deantoni, T. (2004): Establishing the benefits of research expericences for undergraduates in the sciences: first findings from a three-year study. Sci. Education, 88, 493-594; verfügbar unter: http://wiki.biologyscholars.org/@api/deki/files/165/=seymour_ug_ressearch.pdf (Stand 10.10.2018)
Thiel, F., Böttcher, F. (2010) Modellierung fächerübergreifender Forschungskompetenzen, in: Behrendt, B. et al. (Hrsg.): Neues Handbuch Hochschullehre, Griffmarke I 2.10, S. 118ff. Stuttgart: Raabe-Verlag
University of Adelaide und der Research Skill Development Framework: https://www.adelaide.edu.au/rsd/ (Stand: 14.01.2019)