Sexismus in der Lehre: Was können Lehrende tun? – Einleitung

68% aller Studentinnen an deutschen Hochschulen erleben sexuelle Belästigung während der Zeit ihres Studiums. Diese alarmierenden Zahlen gehen aus der „Bochum Studie (wird in neuem Tab geöffnet)“ aus dem Jahr 2012 hervor. In Deutschland beteiligten sich 16 Hochschulen mit 12.663 Studentinnen an der Befragung.
Diese Zahlen zeigen, dass die Thematik keinesfalls als individuelles Problem angesehen werden kann. Vielmehr handelt es sich um ein strukturelles Problem und Universitäten müssen nicht nur mit dieser Problematik umgehen, sondern sollten auch präventive Maßnahmen ergreifen.

Dies betrifft Sie allgemein als Mitgestalter_in des alltäglichen Betriebs der Universität und es betrifft Sie im Besonderen als Lehrperson, denn 34% (Feltes et al., 2012) der Befragten gaben an, dass solche Vorfälle in Lehrsituationen auftraten.

Sie als Lehrende sind dazu aufgefordert zu einem sensiblen Klima an der Universität beizutragen, was von der TU Darmstadt in Ihrer neuen „Richtlinie gegen sexualisierte Diskriminierung und Übergriffe (wird in neuem Tab geöffnet)“ explizit festgehalten wird. Vor dem Hintergrund des Selbstverständnisses einer offenen Universität, die einen Zugang zu Studium und Wissenschaft für alle Interessierten ermöglichen möchte, ist es wichtig, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.

Ein weiterer Grund sich der Thematik zu öffnen ist, dass Erfahrungen sexueller Belästigung die Lern- und Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen. Diese Tatsache wirkt sich wiederum auf die akademischen Chancen der Betroffenen aus (Klein, 2016).

Höchste Zeit sich als Lehrende_r mit dem Thema Sexismus in der Lehre auseinanderzusetzen. Denn durch Hinschauen, Aufmerksam machen, Auseinandersetzen und Handeln aller Beteiligten können Universitäten Einfluss nehmen.

Universitäre Bildungsarbeit, die einen gleichberechtigten Bildungszugang aller anstrebt, erfordert von Lehrenden das Wissen über verschiedene Ausdrucksformen von Sexismus. Da Sexismus nicht immer leicht zu erkennen ist, müssen Handlungsweisen und Äußerungen differenziert betrachtet werden. Denn nicht immer steckt hinter einem sexistischen Argument eine sexistische Absicht, da Stereotype und Vorurteile auch unbewusst übernommen werden können. Dass auch diese unbewussten Handlungen negative Auswirkungen für Betroffene haben, muss thematisiert werden.

Es ist wichtig, dass Studierende die Möglichkeit bekommen, verfestigte Bilder, Vorurteile und Vorstellungen in einem geschützten Raum zu teilen (auch wenn die Äußerungen für Lehrende abschreckend wirken können). Denn erst wenn diese Bilder und Vorstellungen geäußert wurden, kann daran gearbeitet werden. Vor allem in Lehr-Lernsettings gibt es die Möglichkeit über Dialoge vorhandene Bilder zu irritieren, Neues zu lernen – Altes zu verlernen und den Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich selbst weiter zu entwickeln.

Folgende Artikel setzen sich mit sexualisierter Diskriminierung, Alltagssexismus und sexueller Belästigung in der Hochschullehre auseinander. Dies soll dazu beitragen präventive Maßnahmen in die eigene Lehre zu integrieren und auch in herausfordernden Situationen handlungsfähig zu werden. Dafür werden im Artikel „Begriffsklärungen im Kontext Sexismus“ grundlegende Begriffe kurz definiert und einzelne Beispiele angeführt. In dem Artikel „Prävention und Intervention“ werden Handlungsmöglichkeiten für die eigene Lehre vorgestellt und konkrete Situationen am Beispiel eines Sensibilisierungs- Videos der TU Darmstadt bearbeitet. Ein wichtiger Unterpunkt des Artikels ist der Umgang mit „Sexistischer Sprache“. Die Möglichkeit das Sensibilisierungs- Videos für die eigene Lehre zu nutzen wird im Artikel „Lehrende als Multiplikator*innen“ praxisorientiert erläutert.

Ziel der Artikel ist es, die Reflexion der eigenen Lehre anzuregen und Handlungsmöglichkeiten für herausfordernde Situationen aufzuzeigen. So können Sie als Lehrende_r für einen respektvollen Umgang an der Universität und eine sichere Atmosphäre in der Lehre eintreten.

Feltes T., List K., Schneider R., Höfker S., (2012): Gender-based violence, stalking and fear of crime. Länderbericht Deutschland. Ruhr-Universität Bochum

http://www.gendercrime.eu/pdf/gendercrime_country_report_germany_german.pdf

Klein R. (2016): Sexuelle Gewalt gegen Studentinnen. In Bojack B., Heitmeier T., (Hrsg.): Sexuelle Gewalt. Internationale Studien, Folgen und Versorgung, Erfahrungsberichte. Coburg.

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