Blended Learning einsetzen
Wie können synchrone und asynchrone Phasen in Präsenz und digital sinnvoll aufeinander abgestimmt werden?
Lehrveranstaltung mit Selbstlern- und Präsenzphasen (Blended Learning), sind Thema dieses Artikels.

1. Was ist Blended Learning?
Der Begriff Blended Learning leitet sich aus dem Englischen (to blend, z. dt. vermischen oder verschmelzen) ab. Am häufigsten werden hiermit didaktische Szenarien bezeichnet, in denen E-Learning und Präsenzlehre miteinander kombiniert werden (Erpenbeck, Sauter & Sauter, 2015; McKenna, Gupta, Kaiser, Lopes & Zarestky, 2020). Während in der Präsenzlehre gemeinsamer Unterricht auf dem Campus der Universität stattfindet, wird der Stoff in der Selbstlernphase mit Hilfe von neuen Medien (z.B. über Videos oder in Lernmodulen) vermittelt und von den Studierenden eigenständig erarbeitet, angewendet und/oder vertieft.
Seit der Bologna-Reform wird der studentische Arbeitsaufwand über die Ermittlung des sogenannten „Workload“ berechnet, die auf die Selbstlern- und die Präsenzphase aufgeteilt wird (Europäische Gemeinschaft, 2015). Alternativ kann die Selbstlernphase auch als „asynchrone Phase“ und die Präsenzphase als „synchrone Phase“ bezeichnet werden. In der Präsenzphase findet zeitlich synchrones Lehren in der Lerngruppe mit Unterstützung der Lehrenden statt. Dies kann in physischer oder virtueller Präsenz mithilfe von Videokonferenz-Tools geschehen. In der Selbstlernphase wird weitestgehend selbstgesteuert und damit zeitlich asynchron studiert. Dementsprechend geht es beim Blended Learning an Hochschulen im Wesentlichen um die Frage, wie die Selbstlern- und die Präsenzphase didaktisch so miteinander verknüpft werden können, dass das Lernen der Studierenden optimal unterstützt wird und hierüber der Lernerfolg erhöht wird. Blended Learning stellt einen Ansatzpunkt bereit, um dieser Herausforderung zu begegnen.
Die Kernidee des Blending besteht darin, dass das gemeinsame Lernen in der Präsenzphase und das selbstgesteuerte Onlinelernen so aufeinander abgestimmt werden, dass sie sich sinnvoll ergänzen und durch einen Wechsel von der Präsenz- in die Selbstlernphase (und umgekehrt) kein Bruch im roten Faden des Unterrichtsgeschehens entsteht (Steffens & Reiß, 2009). Die Stärken des Blended Learning liegen somit in der Schaffung von Synergieeffekten durch die gezielte Kombination der beiden Phasen miteinander sowie der in diesen Phasen zum Einsatz kommenden Methoden, Sozialformen und Medien.
Allerdings ist der Begriff Blended Learning bei genauerer Betrachtung nicht besonders eindeutig definiert, sodass hiermit unter einer weniger strengen Sichtweise auch die Verzahnung weiterer Aspekte des Unterrichtsgeschehens gemeint sein kann (Driscoll, 2002):
- Unterschiedliche didaktische Ansätze (z.B. konstruktivistische, kognitivistische und behavioristische Perspektiven auf das Lernen), Unterrichtsmethoden (z.B. darbietende, entdeckenlassende und kooperative Methoden) und/oder (z.B. gemeinsamer Unterricht in der Präsenzphase des Studiums vs. Einzelarbeit im Selbststudium) können beim Blended Learning mit verschiedenen Sozialformen
- Übermittlungsformen (analoge und digitale Medien) kombiniert werden.
Unter dieser Perspektive ist das dem Blended Learning zugrundeliegende Prinzip des Überblendens unabhängig davon, ob mit analogen (z.B. Büchern oder Skripten) oder mit digitalen Medien (z.B. online) gelehrt und gelernt wird. Infolgedessen ist E-Learning kein zwingend notwendiges Merkmal von Blended Learning-Szenarien, weswegen der Medienbegriff im Zusammenhang mit Blended Learning nicht auf digitale Medien eingeschränkt werden muss (Driscoll, 2002; Kerres & Witt, 2003).
Im Ausbildungskontext eines Studiums bietet sich die Systematisierung und Klassifizierung verschiedener Blended-Learning-Varianten anhand der Selbstlern- und der Präsenzphasen einer Lehrveranstaltung an. Tabelle 1 veranschaulicht hierzu vier verschiedene Einsatzszenarien für Blended Learning an Hochschulen, die sich aus unterschiedlichen Kombinationen der Arbeitsphasen und medialen Übermittlungswege ergeben. Innerhalb eines jeden Szenarios können in beiden Phasen unterschiedliche Methoden und Sozialformen angewendet und unabhängig vom Medieneinsatz variiert werden.
- Szenario 1 deckt sich mit der klassischen Definition von Blended Learning, die zu Beginn dieses Artikels beschrieben wurde. Hierbei wird E-Learning in der Selbstlernphase mit (gelegentlichen) Präsenztreffen kombiniert, in denen gemeinsam in der Gruppe gelernt wird.
- Szenario 2 entspricht reinem E-Learning, in dem es sowohl asynchrone Phasen des Selbststudiums als auch synchrone Phasen mit virtueller Präsenz gibt. Auch in diesem Szenario müssen diese beiden Phasen miteinander verzahnt werden.
- Szenario 3 spiegelt die grundlegende Idee zur Gestaltung eines Präsenzstudiums seit der Bologna-Reform wider, wobei die Arbeitslast auf Selbststudium und Präsenzunterricht aufgeteilt wird. Hier liegt ebenfalls die Idee zugrunde, dass diese beiden Phasen aufeinander abgestimmt werden.
- Szenario 4 war bis zum Jahr 2020 für ein Hochschulstudium eher unüblich, wird aber seit der Covid-19-Pandemie vermehrt zum Einsatz gebracht. Auf dieses Szenario wird vor allen Dingen dann zurückgegriffen, falls Präsenzlehre nicht möglich ist und dennoch eine Möglichkeit für synchrone Interaktion geschaffen werden soll
.Da über die vier in Tabelle 1 aufgeführten Kombinationen hinaus selbstverständlich weitere Mischformen existieren, bietet diese Systematisierung keine vollständige Übersicht über Blended-Learning-Szenarien. Beispielsweise stellen auch der und die hybride Lehre (vgl. Abschnitt 3) Spezialfälle von Blended Learning dar. Flipped Classroom
