Kooperation gestalten

19.02.23

Abbildung 1:Koordinative, konzeptionelle und operative Ebene im Arbeitskreis
Abbildung 1:Koordinative, konzeptionelle und operative Ebene im Arbeitskreis

Interdisziplinäre Studienprojekte werden durch einen Arbeitskreis aus den Lehrenden aller beteiligten Fächer vorbereitet. Wenn die Aufgabenstellung aus der Industrie, aus Forschungseinrichtungen oder gemeinnützigen Organisationen kommt, werden auch deren Vertreter am Arbeitskreis beteiligt. In diesem Arbeitskreis verteilen die Lehrenden die Rollen Federführung und Kooperationspartner, legen die Rahmenbedingungen und Eckpunkte zum Studienprojekt fest, entwickeln gemeinsam die Aufgabenstellung und organisieren das Studienprojekt (Dirsch-Weigand & Hampe 2018: 158).

Dabei hat sich eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen einer koordinativen, konzeptionellen und operativen Ebene mit unterschiedlichen Akteuren aus den Disziplinen, der Hochschuldidaktik und einer zentralen fachbereichsübergreifenden Koordinationsstelle für die Studienprojekte bewährt, wie in der Abbildung 1dargestellt ist:

Die Aufgaben für die unterschiedlichen Ebenen im Arbeitskreis lassen sich als Arbeitspakete strukturieren, die im Folgenden skizziert werden (Abbildung 2):

Kooperation koordinieren: Sobald die Kooperationspartner für das interdisziplinäre Studienprojekt feststehen, klären die Professor_innen und die zentrale Koordinierungsstelle die Rollen- und Lastenverteilung zwischen Federführung und Kooperationspartnern sowie die verfügbaren Ressourcen und erwarteten Studierendenzahlen. Sie sprechen die Spielregeln für Kommunikation und Informationsaustausch im Arbeitskreis ab und legen den Fahrplan für die Vorbereitung und Umsetzung des Studienprojekts fest.

Projektkonzept formulieren: Im nächsten Schritt entwickeln Professorinnen und Professoren einen didaktischen Konsens zum Studienprojekt und übersetzen ihn in ein Projektkonzept. Die werden dabei hochschuldidaktisch beraten und unterstützt. Die Kooperationspartner harmonisieren die Lernziele und Prüfungsformen und einigen sich zur Art und zum Umfang der Betreuung der Studierenden.

  • Sie überbrücken Unterschiede bei den Credit Points, Studierendenzahlen, Vorlesungs- und Prüfungszeiten durch zusätzliche Studienleistungen zum Projekt, einem entsprechenden Verteilungsschlüssel der Fächer auf die Teams und Terminen in vorlesungs- und prüfungsfreien Zeiten. Die Lehrenden stimmen die Art und Auswertung der Evaluation ab.
  • Themenfeld definieren: Die beteiligten Professorinnen und Professoren identifizieren ein anschlussfähiges Arbeitsthema für alle Fächer und stimmen die übergreifenden und die fachspezifischen Problemaspekte ab.
  • Aufgabenstellung ausarbeiten: Wissenschaftliche Mitarbeiter_innen aus allen Fächern erarbeiten gemeinsam und in Rücksprache mit der professoralen Ebene eine detaillierte Aufgabenbeschreibung für die Studierenden mit allen relevanten Informationen zur Aufgabenstellung, zu den Leistungsanforderungen, den Leistungsnachweisen und Bewertungskriterien, zur Betreuung und zur Organisation.
  • Aufgabenstellung prüfen: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen spielen die Aufgabenstellung entweder in Form einer Simulation des Projekts oder in Form eines Reviews der Aufgabenbeschreibung mit studentischen Tutor_innen und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen durch, um Schwächen in der Aufgabenbeschreibung aufzudecken und zu korrigieren.
  • Ablauf und Infrastruktur organisieren: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen erstellen Ablauf- und Einsatzpläne und organisieren Räume, Materialien und Technik für das Studienprojekt. Sie stellen das Studienprojekt in das Vorlesungsverzeichnis ein und informieren die Studierenden zum Projekt. Dabei werden sie von studentischen Hilfskräften unterstützt.
  • Tutor_innen, Expert_innen, Juror_innen rekrutieren und vorbereiten: Professor_innen, wissenschaftliche Mitarbeiter_innen aus den Fächern und Trainerinnen aus der Hochschuldidaktik akquirieren die Tutor_innen, Juror_innen und Expert_innen für die Projekte und instruieren sie für das konkrete Studienprojekt.
  • Studienprojekt betreuen und steuern: Die wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen aus den Fächern und der Hochschuldidaktik betreuen, überwachen und steuern das laufende Studienprojekt. Professorinnen und Professoren geben in Einführungsvorträgen und Expertengesprächen fachlichen Input und bewerten die Projektergebnisse in der Jury.
  • Evaluation auswerten, Projekt dokumentieren: Professor_innen und wissenschaftliche Mitarbeiter_innen aus den Fächern und der Hochschuldidaktik holen die Lessons Learned bei allen Beteiligten ein und werten die Evaluation zum Studienprojekt aus, indem sie konzeptionelle oder organisatorische Verbesserungen einplanen

Die Dauer der Vorbereitungsphase wird vor allem von der Anzahl der Studierenden im Projekt und dem notwendigen organisatorischen Aufwand bestimmt und kann bei sehr großen Projekten mit mehreren Hundert Studierenden fast ein Jahr umfassen. Kleinere Studienprojekte benötigen wenige Monate. Auf alle Fälle muss die Vorbereitung schon im Vorsemester beginnen, um das Studienprojekt rechtzeitig in den Vorlesungsverzeichnissen ankündigen und bewerben zu können.

Für ein produktives Arbeitsklima im Arbeitskreis sorgen sowohl eine zuverlässige Struktur und Planung als auch kollegiale Umgangsformen, wie in den folgenden Tipps für ein gutes Arbeitsklima im Arbeitskreis zusammengefasst:

Die Kombination der Disziplinen bestimmt nicht nur die fachliche Auslegung der Aufgabenstellung, sondern auch die quantitative Zusammensetzung der studentischen Projektteams. Idealerweise sind alle Fächer mit ähnlichen Studierendenzahlen in den Teams vertreten.

Eine ausgewogene Besetzung der Studierendenteams hängt von verschiedenen Randbedingungen ab: Große Jahrgangskohorten, die Verankerung des Studienprojekts im Pflichtcurriculum, ein Zeitpunkt außerhalb von Vorlesungs- und Prüfungszeiten und eine angemessene Anzahl von Credit Points sorgen für verlässlich hohe Studierendenzahlen aus einem Fach. Umgekehrt machen kleine Studiengänge, eine Verankerung im Wahlpflichtbereich, viele Konkurrenzangebote, Termine in der Vorlesungs- und Prüfungszeit und wenige Credit Points eine geringe Teilnehmendenzahl wahrscheinlich. Es ist deshalb ratsam, interdisziplinäre Studienprojekte im Pflichtcurriculum und in der vorlesungs- und prüfungsfreien Zeit anzusiedeln, um gleiche Verbindlichkeiten und zeitliche Kapazitäten für die beteiligten Fächer zu gewährleisten.

Auch unter diesen Voraussetzungen wird es nicht immer möglich sein, die Studierendenteams paritätisch mit allen Fächern zu besetzen. Folgende Maßnahmen können helfen, ein quantitatives Ungleichgewicht der Fächer in den Teams auszugleichen:

  • Die Anteile der Minderheitenfächer an der Aufgabe werden quantitativ angepasst.
  • Die Studierenden aus den Minderheitenfächern können aus höheren Semestern kommen als die Studierenden aus dem Mehrheitsfach und so einen fachlichen Vorsprung einbringen.
  • Die Gleichberechtigung der Studierenden aus den Minderheitenfächern wird – im Zweifelsfall durch die Intervention der Betreuer_innen – durch eine klare Verteilung von Fachrollen und Aufgaben sowie strukturiertes Arbeiten im Team unterstützt, sodass ihre Minderheitenposition nicht zur Außenseiterposition wird.

Dirsch-Weigand, A. & Hampe, M. (2018). Interdisziplinäre Studienprojekte gestalten. Aus der Praxis für die Praxis. Bielefeld: wbv Bertelsmann.