Interdisziplinäre Betreuung planen

18.03.21

Mit Betreuung ist die Information, Kommunikation und Beratung der Studierenden im Vorfeld und während des Studienprojekts gemeint. Da jedes Projekt eine fachliche, sozialkommunikative und organisatorische Ebene aufweist, erfolgt auch die Betreuung auf diesen drei Ebenen.

Die Betreuung in interdisziplinären Studienprojekten unterscheidet sich von der Betreuung in disziplinären Studienprojekten dadurch, dass mehrere Fächer abgedeckt werden müssen und die sozialkommunikative Betreuung mehr Gewicht erhält. Wie im Abschnitt Interdisziplinäre Kompetenz fassen dargestellt, sind der Aufbau der Kompetenzen Wertschätzung, Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Perspektivübernahme, Abstraktionsfähigkeit, Diskurs- und Moderationsfähigkeit sowie Sprachanpassung für interdisziplinäre Zusammenarbeit entscheidend. Dies legt nahe, die Betreuung in diesem Bereich zu verstärken. Dies kann beispielsweise mit speziell dafür qualifizierten studentischen Teamtutorinnen und Teamtutoren geschehen, die die Projektteams mit Teamtrainings und Feedback zur Zusammenarbeit im Team unterstützen und begleiten.

Gerade wenn interdisziplinäre Studienprojekte im Wahlpflichtbereich stattfinden, sollten die Studierenden frühzeitig zum Projekt informiert werden, um genügend Studierende für fachlich gemischte Teams zu gewinnen. Die Information über das Vorlesungsverzeichnis und Campusmanagementsystem reicht dabei oft nicht aus und sollte mit weiteren Maßnahmen wie einer Vorstellung des Studienprojekts in großen Lehrveranstaltungen oder auch auf Plakaten, in Newslettern oder über Mailinglisten der Fachbereiche und Fachschaften ergänzt werden. Dabei brauchen die Studierenden Informationen

  • zur Anrechenbarkeit des Studienprojektes
  • zum Anmeldeprozedere
  • zu Terminen und Anwesenheitspflichten für das Projekt
  • zum Workload
  • zu Leistungsabgaben
  • zum Thema und zu den beteiligten Fächern und
  • zu Ansprechpartner_innen bei Fragen.

Während das Studienprojekt läuft, sollte ein stetiger Informationsfluss zu den Studierenden und zurück zu den Lehrenden über die Betreuerinnen und Betreuer und digitale Kanäle wie Foren, Mailings oder Chats etc. gewährleistet sein, damit organisatorische oder personelle Änderungen oder auch Anpassungen der Aufgabenstellung rechtzeitig und zuverlässig kommuniziert werden können.

Wie auch bei disziplinären Studienprojekten kann die Betreuung zwischen Lehrenden und qualifizierten Tutor_innen aufgeteilt werden. Es empfiehlt sich, die Aufteilung entlang von summativ und formativ bewerteten Arbeitsprozessen vorzunehmen. Die summative Prüfung des fachlichen Projektergebnisses muss durch Lehrende erfolgen. Die Arbeitsprozesse sind dagegen besser für eine formative lernorientierte Bewertung auf der Grundlage von Beobachtungen, Status- und Reflexionsgesprächen und Feedback geeignet. Die formative Rückmeldung kann von den Lehrenden oder qualifizierten studentischen Tutor_innen übernommen werden. Studentische Tutor_innen genießen sogar ein besonderer Vorteil: Da sie von den Studierenden in der formativen Begleitung nicht als Prüfende, sondern primär als Unterstützende wahrgenommen werden, steigt die Akzeptanz der Studierenden für die Rückmeldungen und Anregungen der Tutor_innen

Die Betreuung sollte so organisiert sein, dass die Studierenden für jedes Fach und die fachliche, organisatorische und sozialkommunikative Betreuungsebene gleichermaßen Unterstützung erhalten. Dadurch ergibt sich zwangsläufig, dass jedes Projektteam mit mehreren Betreuer_innen mit unterschiedlichen Schwerpunkten zu tun hat. Während die Zuständigkeiten der einzelnen Betreuer_innen für die Studierenden klar unterschieden und transparent sein sollten, müssen die Betreuer_innen umgekehrt ihre Maßnahmen immer auf das Gesamtprojektteam und die Gesamtaufgabe abstimmen. Dafür müssen sie untereinander in engem Austausch stehen und sich absprechen, um nicht widersprüchlich gegenüber den Teams aufzutreten.

Konieczek et al. (2011: 25-26) empfehlen für die Betreuung von interdisziplinären Projekten,

  • dass gleichermaßen für alle beteiligten Disziplinen und Betreuungsebenen (fachlich, organisatorisch, sozialkommunikativ) Informationsmaterialien und Betreuungspersonen zur Verfügung stehen,
  • dass für Studierende und Betreuende klar ist, an wen sie sich bei organisatorischen Fragen, wie z.B. Material, Medien, Laborzeiten, Anwesenheitsregelung, Medien, Räume, Prüfungen wenden können,
  • dass für Studierende und fachliche Betreuungspersonen klar ist, an wen sie sich bei Problemen auf der sozialkommunikativen Ebene wie Konflikte, dominante oder unzuverlässige Teammitglieder wenden können,
  • dass die betreuenden Personen alle didaktisch geschult vorgehen,
  • dass die Betreuungspersonen untereinander ihre Beobachtungen zu den Teams austauschen und ihre Betreuungsmaßnahmen abstimmen

Im Abschnitt Interdisziplinäre Kompetenz fassen wurden jenseits von Fachkompetenzen die Fähigkeit zu Wertschätzung, Kommunikation, Teamarbeit, Perspektivübernahme, Abstraktion, Diskurs und Moderation sowie Sprachanpassung als besonders wichtige Lernziele für interdisziplinäre Studienprojekte identifiziert.

Diese Kompetenzen sind für jedes Projektteam wichtig, um die Chancen von diversen Teams wie größere Kreativität und Ideenvielfalt, breit fundierte Entscheidungen und besonders flexible Arbeitsorganisation (vgl. Brandstädter, Schleiting & Sonntag 2018: 36) zu realisieren und die Risiken von Missverständnissen und Konflikten aufgrund von unterschiedlichen Denk- und Vorgehensweisen und Ergebnisvorstellungen zu minimieren.

In interdisziplinären Teams sind sie jedoch in stärkerer Ausprägung notwendig und sollten deshalb in der Betreuung besonders gefördert werden. Dies sollte zum einen durch passende Haltungen und Einstellungen geschehen, die die Betreuungspersonen sowohl selbst vorleben als auch beispielsweise in Form von Teamregeln und Feedback anregen. Entsprechende Verhaltensregeln können sein:

  • Jedes Teammitglied ist wertvoll und erhält die Zeit, Gelegenheit und Ermutigung, einen Beitrag zu leisten.
  • Cliquenbildung wird vermieden, eine gemeinsame Teamidentität und die Integration aller Teammitglieder werden gefördert.
  • Aktives Zuhören ist selbstverständlich, die Kommunikation ist wertschätzend und erfolgt in einer Sprache, die alle verstehen. Feedback ist konstruktiv, alle werden in den Informationsfluss einbezogen.
  • Konflikte und Probleme werden offen angesprochen und gelöst.
  • Eine gerechte Aufgabenverteilung wird beachtet.

Weiterhin kann die Betreuungsperson diese Kompetenzen auch aktiv vermitteln und ihre Einübung im Projekt begleiten. Diese Aufgaben können sehr gut von einschlägig ausgebildeten Tutor_innen übernommen werden und werden im nächsten Abschnitt Tutorinnen und Tutoren in interdisziplinären Studienprojekten einsetzen ausgeführt.

Brandstädter, S., Schleiting, Y. & Sonntag, K. (2018). Interdisziplinäre Kompetenz im Wirtschaftskontext. Zeitschrift für Arbeitswissenschaften, 72, 35 – 43.

Konieczek, M., Warning, H. & Beseck, A. (2011). Projekthandbuch. Institut für Stadt- und Regionalplanung – Technische Universität Berlin (2., überarb. Aufl.). Berlin: Fakultät VI Planen Bauen Umwelt. https://www.isr.tu-berlin.de/fileadmin/i40/ipz/download/studium/PHB2011_pdf-Version_kompr.pdf (21. Dez. 2018).