Internationale Gruppenarbeit: eine Basis finden

Zu Beginn von Gruppenarbeitsprozessen müssen Voraussetzungen für eine gelingende Gruppenarbeit geschaffen werden, damit die Interaktion in diversen Gruppen als Mehrwert erlebt und die Internationalität der Universität gelebt werden kann.

Wie unterstütze ich die Gruppenarbeit internationale Studierender?

Damit kognitive Vorteile kollaborativen Arbeitens erreicht werden, sollte in international gemischten Gruppen auf folgendes geachtet werden: Solide Betreuungsstruktur, klare Strukturierung der Arbeitsphasen sowie gute Vor- und Nachbereitung der Gruppenarbeit.

Lernpsychologische Faktoren gelingender Gruppenarbeit

Ein erfolgreicher Wissenserwerb beruht bei kollaborativen Lehr-/ Lernmethoden auf der gelingenden Interaktion in der Gruppe. Gelingt ein gruppenbezogener Lernprozess, gewinnen die Gruppenmitglieder an Wissen, das die Summe der individuell beigetragenen Teile übersteigt. Hierfür ist aber Kommunikation wichtig, die im Idealfall aufeinander aufbaut und sich ineinander verzahnt. Hänze und Jurokowski (2021) beschreiben dieses Phänomen als Transaktive Kommunikation. Hierzu gehören:

  • Nachfragen stellen
  • Paraphrasieren von Beiträgen
  • Erweitern der Redebeiträge um das eigene Wissen
  • Kritisches Hinterfragen anderer Beiträge

Wenn sich Gruppenteilnehmende aufeinander beziehen und ihre Ideen austauschen, nutzen sie das synergetische Potenzial der Gruppe, um einen Wissenszuwachs zu ermöglichen, der in Einzelarbeit kaum möglich wäre.

Hänze und Jurokowski identifizieren einige Voraussetzungen, die transaktive Kommunikation begünstigen und dabei den Wissenserwerb bei kollaborativ Lernformen ermöglichen:

Ebene Details
Individuelle Kommunikationsfähigkeit Fähigkeiten wie Zuhören, Perspektivübernahme und konstruktive Kritik wirken sich positiv auf den fachlichen Austausch bei Gruppenarbeiten aus. Kommunikative Kompetenz kann auch hier geschult werden.
Geeignete Gruppenzusammensetzung Einerseits ein freundschaftliches Lernklima, andererseits kann Heterogenität beim Vorwissen das Lernen begünstigen. Ist der Wissens- oder Kompetenzunterschied zwischen den Teilnehmenden aber zu groß, kann transaktive Kommunikation kaum zustande kommen.
Komplexe Aufgabenstellung Aufgaben sollten ausreichend komplex gestellt werden, um Diskussionen innerhalb der Gruppe anzuregen und eine Möglichkeit zum Entdecken von Synergien zwischen Teilnehmenden zu unterstützen.
Methodisch-didaktische Umsetzung Gruppenaufgaben sollten klar eingeteilt werden. Zudem gilt es sie so zu konzipieren, dass der individuelle Beitrag aller Gruppenmitglieder zur Lösung beiträgt. Zumindest bei längeren Gruppenarbeiten sollte Verantwortung für einen Aufgabenbereich übernommen werden.

Gruppenarbeit: ja oder nein?

Gegen Gruppenarbeiten spricht aufseiten Studierender ein höherer Zeit- und Organisationsaufwand, der umso größer wird, wenn kommunikative Hürden zu überwinden sind. Wenn darüber hinaus noch Frust gegenüber einzelnen Teilnehmenden entsteht, können Exklusionsmomente erzeugt und Strukturen der Diskriminierung gefestigt werden (Fiebig, 2018). Hänze und Jurokowski (2021) betonen: „Lernende nehmen vor allem dann die kognitiven Kosten der Zusammenarbeit in Kauf, und bringen sich in die lernbezogene Kommunikation ein, wenn sie die Erwartung haben, dass ihr Ertrag größer ist als die Kosten“. Entsprechend sollten die Vorteile von Gruppenarbeiten klargemacht werden. Hierzu gehört mindestens die Entwicklung klassischer Kompetenzen, die auch im Zuge sogenannter Future Skills eine Rolle spielen: Neben Team- und Kritikfähigkeit sowie Empathie gehören dazu auch Problemlöse- und Präsentationsfertigkeiten (Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e. V., 2022).

Für Gruppenarbeit spricht die Chance bereichernde Erfahrungen bei der Aufgabenbearbeitung zu machen, welche obendrein o. g. Kompetenzen fördern. Damit das Arbeiten in Gruppen gelingen kann, sind Vorbereitung, Prävention und Reflexionsmöglichkeiten wichtig. Setzen Sie Gruppenaufgaben entsprechend dann ein, wenn kollaborative, kommunikative oder interkulturelle Lernziele verfolgt werden. Außerdem sollten Ressourcen eingeplant werden, um Gruppenprozesse von heterogenen Gruppen begleiten und unterstützen zu können. Tipps zur Umsetzung erhalten Sie im nächsten Kapitel.

Inklusive Gruppenarbeiten gestalten und begleiten

Diversität ist immer mit dabei

Abbildung 2: Merkmale von Diversität als Eisbergmodell
Abbildung 2: Merkmale von Diversität als Eisbergmodell

Machen Sie Diversität zur Norm. Seien Sie sich bewusst, dass sie immer vorhanden ist, auch wenn teilweise weniger gut sichtbar. Ähnlich einem Eisberg bleiben viele Merkmale unter der Wasseroberfläche verborgen, auch wenn sie vermeintlich sichtbar sind. Dazu gehören beispielsweise der Bildungsweg und das Geschlecht. Auch wenn Haarschnitt, Kleidung und religiöse Symbole vermeintlich Deutungen zulassen, sind diese meist ungenaue Schätzung.

Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Lehre

Bei internationalen Studierenden verläuft der Spracherwerb häufig parallel zum Erwerb fachlicher Kompetenzen. Sie bringen aber bereits einen Fundus an Wissen aus anderen Sprachen und Kompetenzen aus anderen Bildungssystemen mit. Deuten Sie entsprechend Herkunft und Mehrsprachigkeit ihrer Studierenden als Ressourcen.

Zur Unterstützung der Entwicklung weiterer Kompetenzen kann internationalen Studierenden schriftliches Material mehrsprachig zur Verfügung gestellt werden. Gegebenenfalls können über einige Zeit hinweg daraufhin Pools an ein- und mehrsprachigem Material aufgebaut werden. In Gruppenarbeiten kann es auch helfen, eine gemeinsame Arbeitssprache zu wählen – beispielsweise Englisch. Auf diese Weise sind gegebenenfalls alle Beteiligten herausgefordert, aber kann das Selbstbewusstsein sich in einer weiteren Sprache zu artikulieren, wachsen.

Studien zu translanguaging (beispielsweise Panagiotopoulou, 2020) zeigen: Mehrsprachige Akteur*innen können effektiv in einer Mischung an Sprachen agieren, ohne sich auf eine einzelne Sprache fixieren zu müssen. Studierende beziehen die eigene Erstsprache aktiv ein, um in deutschen Lehrveranstaltungen zurecht zu kommen. Hierzu zählt beispielsweise das Wählen von Fachliteratur in der eigenen Erstsprache, die Übersetzung von Folien in Eigenleistung, das Lernen mit Aufzeichnungen von Vorlesungen und der aktive Austausch mit gleichsprachigen Kommiliton*innen (Bai & Wang, 2022).

Durch Anerkennung mehrsprachiger Kompetenz, statt Fixierung auf sprachliche Defizite, treten Internationale als Expert*innen in ihrem eigenen sprachlichen Feld auf. Durch dieses Vorgehen gewinnen sie an Selbstvertrauen, um sich mutig und gezielt dem Spracherwerb zu widmen. Als Lehrende können Sie sich beispielsweise dafür öffnen oder der Gruppe empfehlen, Zitate oder Informationen aus Veröffentlichungen zuzulassen, die nur in der Erstsprache internationaler Studierender erschienen sind.

Beachten Sie den Mehraufwand für internationale Studierende

Die Arbeit mit einer weiteren Sprache ist aufwändig für die Studierenden. Kalkulieren Sie daher für Aufgaben, bei der Texte verarbeitet werden müssen, mehr Zeit für internationale gemischte Gruppen ein.

Wenn Sie Fragen zum Thema haben, können Sie sich hier an Expert*innen der TU Darmstadt wenden.

Multimediale Präsentation von Informationen

Beim Erarbeiten von Inhalten kann eine multimediale Aufbereitung helfen. Aufzeichnungen oder Videos können teilweise mit automatisch generierten oder selbst eingefügten Untertiteln oder in reduzierter Geschwindigkeit angesehen werden. Auch Pausen können selbst eimgeteilt werden, sodass Zeit zum Nachschlagen von Fachbegriffen bleibt. Anleitungen für Gruppenarbeiten können beispielsweise sowohl auf Folien als auch mündlich durchgesprochen und ein Handout digital oder ausgedruckt zur Verfügung gestellt werden. Geben Sie Studierenden am Anfang einer Gruppenarbeit etwas Zeit, um Aufgabe zu verstehen, Nachfragen zu stellen, Kommiliton*innen zu fragen oder und eine eigene Übersetzung vorzunehmen.

Herausforderungen begegnen

Gehen Sie in den Austausch über Ihr didaktisches Vorhaben, mit Gruppen zu arbeiten. Falls Sie Unsicherheiten bezüglich der heterogenen Zusammensetzung der Lehrveranstaltung haben, können Sie folgende Schritte in Erwägung ziehen: Tauschen Sie sich mit Kolleg*innen aus, melden Sie sich bei den Ansprechpersonen zu Diversity an der TU Darmstadt oder führen Sie mit Studierenden ein offenes Gespräch und nehmen Sie Feedback aus der Gruppe auf. Achten Sie jedoch darauf, dass internationale Studierende kein Gefühl bekommen, sie seien für einen Mehraufwand verantwortlich. Wie oben zu lesen, bringen alle Studierenden jeweils eigene Voraussetzungen mit, die Gruppenarbeiten beeinflussen können. Differenzen existieren überall, seien sie sichtbar oder unsichtbar (siehe Eisbergmodell).

Zum Austausch können Sie auch ein Stimmungsbild zum Thema Gruppenarbeit machen, gegebenenfalls anonym. Gehen Sie bei Unsicherheiten oder Unbehagen auf Studierende ein und lassen erarbeiten Sie mit Ihnen Lösungen. Folgende Fragen können Ihnen beim Erarbeiten von Problemlösungen helfen:

  • Was können Sie dazu beigetragen, dass Gruppenarbeiten gut laufen?
  • Wie ist es Ihnen bisher gelungen, Probleme in Gruppenarbeiten zu lösen?
  • Was wünschen Sie sich von Ihrer Gruppe? Was könnte mein Beitrag als Lehrender sein, damit andere diesem Wunsch auch nachkommen?
  • Woran erkennen Sie eine gelungene Gruppenarbeit?
  • Welche Kompetenzen können Sie in der Gruppenarbeit erlangen?
  • Was könnten Sie in einer Gruppenarbeit mal anders machen als bisher? Was noch?

Seien Sie möglichst ergebnisoffen. Das ist eine sinnvolle Strategie im „Chaos und der Unübersichtlichkeit von kulturellen Kontaktzonen“ (Küchler, 2006).

Falls Sie keine Lernziele im Bereich von Teamarbeit verfolgen oder die Studierenden auf keinen Fall in Gruppen arbeiten wollen, kann gegebenenfalls Einzel- oder Partner*innenarbeit angeboten oder die Arbeitsform individuell gewählt werden.

Schaffen Sie Transparenz

Gruppenarbeiten sind prozessoffene Lernsituationen. Sie bieten Raum für die Entfaltung neuer Kompetenzen, können aber auch zu erhöhter Unsicherheit bei Anforderungen und der eigenen Rolle führen. Transparenz seitens der Lernziele, didaktischen Methoden und Erwartungen kann helfen, Teilnehmenden in Gruppenarbeiten Handlungssicherheit zu geben. Auf diese Weise begeben Sie sich bereitwillig in die Ungewissheit (vgl. Fiebig, 2018). Das Einbeziehen von Studierenden bezüglich der Umsetzung von Methoden – sofern hier Flexibilität möglich ist – gibt Studierenden ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, die die Motivation für eine Gruppenarbeit steigert. Dies ist insbesondere in heterogenen Gruppen relevant.

Besonders bei längerem kollaborativem Arbeiten sollten Sie möglichst transparent und präzise bleiben. Sprechen Sie Bewertungen, Abgabetermine, Erwartungen an Arbeitsergebnisse, Kommunikationsformen und -häufigkeit untereinander und mit Ihnen ab. Präsentieren Sie festgemachte Anforderungen mündlich und schriftlich, um die sprachliche Verständigung zu unterstützen. Machen Sie Anforderungen und Bewertungskriterien in internationalen Gruppen außerdem kleinschrittiger deutlich, weil diese im Umgang und beim Erwartungsmanagement helfen. Machen Sie weiterhin deutlich, welche Fähigkeiten für kollaboratives Arbeiten bei den Studierenden vorausgesetzt werden. Beispiele hierfür sind: Unabhängige Aufgabenlösung sowie die Bereitschaft, Neues auszuprobieren und Fehler zu machen sowie zulassen zu können. Gehen Sie davon aus, dass diese impliziten Anforderungen nur wenigen Studierenden selbstverständlich sind. Was z.B. im deutschen Hochschulsystem von einem guten Vortrag oder Projektbericht erwartet wird, kann in anderen Systemen völlig anders sein. Auch deutsche Operatoren, wie z.B. „erläutern Sie…“, „diskutieren Sie…“ oder „nehmen Sie Stellung…“ sollten erklärt werden.

Unterstützung und Erreichbarkeit

Studien zu akkulturativem Stress deuten an, dass dieser durch ein Gefühl unterstützt zu werden – im Englischen „perceived support“ – bei internationalen Studierenden reduziert werden kann (Bai 2016). Zeigen Sie Ihren Studierenden möglichst, dass Sie sich für sie interessieren. Stellen Sie beispielsweise Fragen über ihren bisherigen Werdegang. Bereits Interesse und Anerkennung können Stress reduzieren und das Lernklima verbessern. Oder erkunden Sie sich, ob Studierende bereits eingesetzten Forschungs- oder Lehrmethoden begegnet sind. Auch eine Frage, wie es ihnen bei der Gruppenarbeit geht, wäre angebracht. Versuchen Sie das Feedback aller Studierenden auf- und anzunehmen. Achten Sie darauf, dass keine Einzelperson oder Gruppe exponiert wird. Berücksichtigen Sie alle Studierenden gleichermaßen in ihren individuellen Bedürfnissen und bieten Sie bedarfsorientierte Unterstützung an. Vermeiden Sie ein Handeln und Fragen einzig aufgrund von Zuschreibungen, beispielsweise „internationale Studierende brauchen bestimmt mehr Hilfe“.

Eine zugängliche und erreichbare Betreuungsperson, die neben fachlichen auch für zwischenmenschliche Fragen zur Verfügung steht, kann für alle Arten von Gruppenarbeiten hilfreich sein. Auf diese Weise können Störungen und Konfliktsituationen konstruktiv verarbeitet und interpersonale Fähigkeiten trainiert werden. Achten Sie aber auf Ihre eigenen Grenzen und vermitteln Sie bei spezifischen Problemen an die entsprechenden Beratungsstellen innerhalb und außerhalb der Universität – beispielsweise die Psychotherapeutische Beratungsstelle (PBS) der TU Darmstadt. Sie können auch ausgebildete Tutor*innen einsetzen und so die betreuende Rolle von der bewertenden Rolle der Lehrperson trennen.

Eine offene Kommunikationskultur innerhalb der Lehrveranstaltung hilft allen Beteiligten sich wohlzufühlen, Hemmungen abzubauen und sich in neue kommunikative Situationen zu begeben. Rein praktisch kann es hilfreich sein, vor und nach der Lehrveranstaltung etwas länger anwesend zu sein. So können Sie eventuelle Machtgefälle und Distanzen reduzieren und mit Studierenden ins Gespräch kommen.

Umgang mit Ausgrenzung und Diskriminierung

Bevor Sie eine Methode zur Gruppenbildung – bspw. Durchzählen – nutzen, betonen Sie, dass Ihnen heterogene Gruppen wichtig sind. Wenn Sie danach beobachten, dass in Ihrer Lehrveranstaltung Studierende ausgegrenzt werden, sollten Sie diskret und ohne Bloßstellung der Betroffenen agieren. Ausgrenzungen können beispielsweise sein: Deutsche Studierende möchten keine Gruppen mit Studierenden anderer Herkünfte bilden oder Sie beschweren sich über die Bildung von Gruppen mit internationalen Studierenden.

Im Fall von Diskriminierung ist Achtsamkeit geboten, denn es gibt kein Allgemeinrezept. Was Sie bereits tun, ist sich dem Feld mit diesem Artikel zu nähern. Was Sie auch tun können, ist sich beraten zu lassen – melden Sie sich beispielsweise bei den Ansprechpersonen zu Diversity an der TU Darmstadt. Auch Studierende können Sie bestärken, dass Fälle von Diskriminierung an die Antidiskriminierungsstelle der Universität gemeldet werden können.

In der Situation selbst sollten Sie sich im Idealfall für Betroffene einsetzen sowie ihre Bedürfnisse und Wünsche zu verstehen versuchen. Sollten Betroffene sich beispielsweise wünschen, dass ein Akt der Diskriminierung unter vier Augen besprochen wird, kann auch das angeboten werden. Womöglich könnte daraufhin über das Thema mit etwas zeitlichem Abstand und losgelöst von akuten Situationen gesprochen werden. Im Fall von Diskriminierungserfahrungen einzelner Mitglieder, sollte kein Zwang bestehen, eine kollaborative Arbeit gemeinsam zu beenden, auch nicht bei benoteten Arbeiten.

Praktische Tipps zu speziellen didaktischen Formaten

Kurze Gruppenarbeiten

Abbildung 3: Beispiel für einen Code of Conduct als Workshop Agreement
Abbildung 3: Beispiel für einen Code of Conduct als Workshop Agreement

Wenn Gruppenarbeit innerhalb einer oder zwei Lehreinheiten als Methode eingesetzt wird, sind die Rahmenbedingungen einer zeitintensiven Vorbereitung und Reflexion in der Regel kaum gegeben. Daher ist es wichtig zu Beginn des Semesters allgemeine Arbeitsregeln für den Umgang im Seminar und in unterschiedlichen Arbeitsformen gemeinsam mit den Studierenden festzulegen. Beispielsweise könnten Sie thematisieren, dass es in Gruppenarbeit, neben dem fachlichen Ergebnis auch immer darum geht weitere Schlüsselkompetenzen zu erlernen und ein respektvolles Miteinander zum professionellen Arbeiten dazugehört. Untermalen könnten Sie die Regeln zur Zusammenarbeit mit einem Code of Conduct als Workshop Agreement.

Projektarbeit und lange Gruppenarbeitsphasen

Störungen bei Gruppenarbeit treten am Akkutesten bei längeren Studienprojekten auf, wo zwischenmenschliche Probleme zu starkem Frust und Stress führen können. Bei internationalen und allen Gruppen gilt: Vielen Probleme kann durch eine bewusste Vorbereitung, ein ausführliches Kennenlernen im Kick-Off, sowie gute Betreuung vorgebeugt werden.

Kick-Off

Ein freundschaftliches und kollegiales Lernklima ist für den kognitiven Lernprozess zentral. Hier bietet eine ausführliche Kennenlernphase die Basis für effektive und kollegiale Zusammenarbeit sowie optimalen Wissenserwerb. Nehmen Sie sich Zeit im Kick-Off, um Spaß und Teambuilding zu fördern. Wählen Sie Kennenlernmethoden, die neben dem Fokus auf Gemeinsamkeiten – beispielsweise „Was haben wir gemeinsam?“ (Hiller & Vogler-Lipp, 2010) auch Spaß machen und der Auflockerung dienen.

Die Basis für eine Zusammenarbeit kann durch gemeinsame Ziele geschaffen werden. Zwei beispielhafte Fragen wären: Was möchte jede*r Teilnehmer*in für sich persönlich erreichen? Was sind die Ziele bezüglich der Aufgabenstellung? Im Kick-Off können auch die Vorstellungen einer erfolgreichen Teamarbeit miteinander abgeglichen werden. Eine anregende Frage wäre: Was versteht jede Person unter Teamarbeit? Mit der Kopfstandmethode beispielsweise werden die absoluten „No-Go’s“ von allen Teilnehmenden für eine Gruppenarbeit gesammelt. Diese bilden im weiteren Schritt die Basis für die Formulierung von gemeinsamen Gruppenregeln, die für alle sichtbar sind, und die alle unterzeichnen sollten.

Eine deutliche Aufgabenverteilung kann Studierenden in multinationalen Gruppen auch Sicherheit geben. Nach einer gemeinsamen Definition von Teamarbeit werden Rollen und Aufgaben gesammelt und vorläufig verteilt. Achten Sie hier auch darauf, dass der Inhalt und die Erwartungen an jede Aufgabe möglichst klar und präzise dargestellt werden. Damit Studierende die Möglichkeit haben, verschiedene Rollen auszuprobieren, sollten Aufgaben in regelmäßigen Abständen rotiert werden.

Machen Sie Studierende im Kick-Off auch auf Hilfsangebote aufmerksam. Unsicherheit ist eine natürliche Reaktion auf den Umgang mit Menschen, deren Verhalten unvorhersehbar wirkt und die über andere kommunikative Stile verfügen. Teilen Sie den Studierenden mit, dass die Überwindung dieser Unsicherheit und die Herausforderung der Verständigung untereinander zur Aufgabe der Gruppenarbeit gehört.

Beispiel einer Kick-Off-Planung für Projektarbeit

Laden Sie sich hier im Downloadbereich ein Beispiel zu einer Kick-Off-Planung herunter.

Bei der Aufgabenbearbeitung

Klare Strukturierungen langer Gruppenarbeitsphasen helfen dabei, Übersicht zu schaffen. Verhelfen Sie Gruppen zu verbindlichen Kommunikationsstrukturen, z.B. das Hochladen von Protokollen im Anschluss an jeden Arbeitsblock. Auch kann geklärt werden, über welches Medium hauptsächlich kommuniziert werden soll. Ebenso Übereinkünfte darüber, wie Entscheidungen getroffen werden – beispielsweise Konsens oder Abstimmung – können getroffen werden. Stellen Sie sicher, dass jede*r Gruppenteilnehmende diese Vereinbarungen verstanden hat – abgesehen von sprachlichen Hürden, sind kommunikative Selbstverständlichkeiten unter Umständen kulturell unterschiedlich. Deuten Sie entsprechend darauf hin, dass die deutsche Art und Weise nur eine unter vielen ist.

Während Gruppendiskussionen die Beiträge z.B. auf einem Flipchart oder Online-Whiteboard zu visualisieren, kann helfen. Dieses Vorgehen nimmt Geschwindigkeit heraus und sichert einen gleichen Ausgangspunkt. Auf diese Weise ist es auch leichter Materialien nachzubereiten oder nebenbei zu übersetzen. Hilfreich für Studierende, die noch an der Sprache arbeiten, können Einzel- oder Zweierarbeitsphasen sein. Hier können sie nachlesen, übersetzen oder auf der Erstsprache recherchieren.

Legen Sie neben der Aufgabenaufteilung besonderen Wert auf eine handfeste Zeitplanung. Planen Sie bei längeren kollaborativen Arbeiten mit Meilensteinen, bei denen Studierende Ihnen über Arbeitsstand und Zusammenarbeit berichten. So können Sie frühzeitig eingreifen, falls es zu Problemen kommt. Zeitpläne können mit verschiedenen digitalen und analogen Tools visualisiert werden, damit sie für alle konkret und transparent sind. Achten Sie darauf, ob die gemachten Zeitpläne angemessen und realistisch sind. Außerdem bietet es sich an hier Methoden zu nutzen, die in dem jeweiligen Fach zum Projektmanagement genutzt werden (z.B. Projektstrukturplan, Projektablaufplan, Gant Chart, etc.).

Klare Rollen innerhalb der Arbeitsphasen können Ungleichheiten innerhalb der Gruppe ausgleichen. Für Gruppen ab fünf Personen kann es helfen, eine Moderation sowie eine*n Protokollant*in zu wählen (als rotierende Rollen). Paraphrasieren und regelmäßiges Zusammenfassen durch eine Moderation kann die Verständigung in der Gruppe fördern. Die Moderation sorgt auch dafür, dass alle Zeit und Raum haben, sich einzubringen. Führen Sie am Anfang der Projektarbeit die Grundlagen des konstruktiven Feedbacks ein und regen Sie Teilnehmenden dazu an, diese bei den Meilensteinen oder bei einer Tageszusammenfassung aktiv anzuwenden. So können Studierende in einer respektvollen und sicheren Umgebung fruchtbar voneinander lernen.

Bieten Sie an, Abgaben auf Englisch oder Deutsch einzureichen, wenn dies für Sie möglich ist. Machen Sie auch hier noch einmal auf die möglichen Unterstützungsangebote der Universität aufmerksam. Ideen für Interventionen bei schwierigen Gruppensituationen in Projekten finden Sie hier.

Fiebig et al.: “Und irgendwie kann es nicht sein, dass dann alle die gleiche Note kriegen.“ Gruppenarbeit an der Hochschule“. In: Andrea Platte et al (Hg.) Praxishandbuch Inklusiver Hochschuldidaktik. Weinheim Basel, 2018. S. 132-138.

Hiller, G. G. und Vogler-Lipp, S. (Hg.): Schlüsselqualifikation Interkulturelle Kompetenz an Hochschulen. Grundlagen, Konzepte, Methoden. Wiesbaden 2010.

Küchler, Uwe: Interkulturelle Hochschullehre. Internationalisierung am Beispiel der Amerikanistik. Berlin, 2007.

Panagiotopoulou, Julie A. et al: Inclusion, Education and Translanguaging. Köln, 2020.

Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e. V. (Hg.) (2022): Hochschulbildung in der Transformation. Ein Fazit nach 10 Jahren Bildungsinitiative. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft; McKinsey & Company. April 2022. Essen: Edition Stifterverband (Hochschul-Bildungs-Report).