Prüfungsformen festlegen

Wie können geeignete Bewertungsverfahren für Projekte ausgewählt und kombiniert werden?

Grundsätzlich gelten für Prüfungsformen in Studienprojekten dieselben Qualitätsanforderungen wie für Prüfungen in allen anderen Lehr/Lernformen: Die Prüfungsverfahren müssen möglichst

  • objektiv, d. h. unabhängig vom Prüfenden
  • valide, d. h. wirklich das Lernziel messend
  • reliabel, d. h. ausreichend zuverlässig, genau und im Idealfall reproduzierbar messend

sein (Schabel & Glathe 2014, S. 74, 75). Gerade in Studienprojekten haben Prüfungen aber nicht nur den Zweck, den Leistungstand zu dokumentieren. Zusätzlich sollen sie auch die Lernanstrengungen der Studierenden während der selbstorganisierten Arbeitsphasen steuern, da Studierende ihr Lernverhalten an den Prüfungen ausrichten (Schabel & Glathe 2014, S. 80).

Die Bewertung und Benotung von Studienprojekten bringt besondere Herausforderungen mit sich, für die sich verschiedene Verfahren als geeignet erwiesen haben. Holzbaur et al. (2017, S. 118-133) verweisen dabei auf folgende Besonderheiten:

  • Während es für die fachlichen Projektergebnisse in der Regel auf „harten“ Fakten und Zahlen basierende Messinstrumente gibt, fehlen solche Messinstrumente für „soft skills“ teilweise, z. B. für sozialkommunikative Kompetenzen oder Prozesskompetenzen.
  • Das Projektergebnis ist immer ein Gruppenergebnis.
  • Nicht nur das Projektergebnis soll bewertet werden, sondern auch der Arbeitsprozess im Projekt.
  • Die Lehrenden sind als Betreuende immer auch selbst am Projektergebnis beteiligt.

Ein erster Ansatz für den Umgang mit diesen Herausforderungen ist die Trennung zwischen einem Bewertungsverfahren durch qualitatives Feedback und einem Bewertungsverfahren durch gestufte Benotung.

Feedback

Reines Feedback als Bewertungsverfahren bietet sich für alle Ergebnisse an, für die es keine objektiven und reliablen Messinstrumente gibt, z. B. sozialkommunikative und personale Lernergebnisse. Grundlage des Feedbacks kann zum einen die Beobachtung des sozialkommunikativen und persönlichen Verhaltens im Team durch die Lehrenden, die Bewertung des Verhaltens mit Hilfe von „Verhaltensankern“ (Schabel & Glathe 2014, S. 78) und eine entsprechende Rückmeldung an das Team oder das Teammitglied sein. Beispiele von beobachtbaren Verhaltensankern sind „hört aufmerksam zu“, „greift Ideen anderer bereitwillig auf“, „bringt eigene Standpunkte ein“ (ebd.) oder auch „akzeptiert Kritik“ oder „bringt Zuarbeit termingerecht in das Team ein“. Alternativ kann das Feedback auch auf der Grundlage von individuellen schriftlichen und mündlichen Reflexionsberichten zur Teamarbeit und zum eigene Arbeitsprozess erfolgen (Holzbaur et al. 2017, S. 128; Schabel & Glathe 2014, S. 86-88).

Benotung

Eine gestufte Benotung kann als Bewertungsverfahren für alle qualitativ oder quantitativ objektiv und zuverlässig messbaren Lernergebnisse eingesetzt werden. Auch eine Benotung sollte mit einer erklärenden Rückmeldung der Lehrperson verbunden sein.

Grundlage der Benotung sind Leistungsnachweise und Kriterien für die Bewertung der Leistungsnachweise. Beides ist sowohl für eine gestufte Benotung als auch für eine Bestanden/Nicht-bestanden-Benotung notwendig, damit Lehrende sich selbst und den Studierenden Rechenschaft zum Leistungstand der Studierenden geben können.

Die Leistungsnachweise sollten die erwünschten Learning Outcomes widerspiegeln. Ist beispielsweise eine professionelle Moderation von Projektsitzungen als Learning Outcome erwünscht, so können Fotoprotokolle von Sitzungen im Projektportfolio als Leistungsnachweise definiert werden. Gängige Leistungsnachweise in Studienprojekten sind…

  • das Projektergebnis selbst (Produkte, Konzepte, Analysen, Modelle, Demonstratoren…) sowie Zwischenergebnisse wie Skizzen, Pläne etc.,
  • schriftliche Projektdokumentationen in Berichtsform oder als Projektportfolio mit To-Do-Listen, Gantt-Charts und Meilensteinplanungen etc.,
  • Präsentationen oder Poster, oft in Verbindung mit einer Diskussion und Befragung und
  • Statusberichte zum Projektstand, z. B. als Berichtsblatt oder Präsentation.

Für die Benotung sollten vorab immer ein Prüfungsinstrumentarium aus Bewertungskriterien, Beispielen für die Erfüllung oder Nichterfüllung der Bewertungskriterien sowie einem Gewichtungsschema der Bewertungskriterien entwickelt werden. Ausführliche Darstellungen und Beispiele zu dazu finden sich in Holzbaur et al. 2017, S. 118-133 und 178-181 sowie Schabel & Glathe 2014.

Gruppen- und Individualnote

Da das Projektergebnis immer ein Gruppenergebnis ist, aus prüfungsrechtlichen Gründen aber eine Einzelbewertung für eine Benotung erfolgen muss (Schabel & Glathe 2014, S. 76/77), hat sich in der Praxis eine Mischform aus Gruppennote und Einzelnote bewährt. Die Mischformen sind z. B. eine Kombination aus einer Gruppennote auf das Gesamtergebnis und einer Individualnote auf einen individuellen Beitrag in der Projektdokumentation oder auf zusätzliche mündliche und schriftliche Prüfungen (Schabel & Glathe 2014, S. 77, Holzbaur et al. 2017, S. 119 f.).

Bewertung des Arbeitsprozesses

Für die Bewertung des Prozesses im Projekt sind Informationen zum Prozess notwendig. Für die Informationsbeschaffung bieten sich Reflexionsberichte oder Reflexionsgespräche mit dem Team oder einzelnen Teammitgliedern an (entsprechende Fragen für Berichte und Gespräche finden sich bei Holzbaur et al. 2017, S. 128/9). Da die Qualität und der Verlauf von Arbeits- und Teamprozessen sehr stark vom jeweiligen Team und den Randbedingungen abhängig sind und eine objektive und genaue Bewertung deshalb schwierig ist, empfiehlt es sich, die Prozesse nicht summativ mit einer Abschlussnote zu benoten (Holzbaur et al. 2017, S. 130). Stattdessen sollten die Reflexionen in den Prozessverlauf verlegt und in Feedbackgesprächen Fortschritte und Verbesserungsmöglichkeiten beim Arbeitsprozess herausgearbeitet werden, um so den Lernfortschritt durch ein prozessbegleitendes formatives Assessment kontinuierlich zu unterstützen und die Lernanstrengung der Studierenden zu steuern.

Als Betreuerin oder Betreuer haben die Lehrenden immer auch einen Anteil am Projektergebnis, der je nach Projektteam unterschiedlich sein wird. Dies sollte nicht zu einer Einschränkung der Betreuung, sondern zu einer Berücksichtigung des Betreuungsanteils in der Bewertung des Projektergebnisses führen (Holzbaur et al. 2017, S. 120). Der Rollenkonflikt zwischen Betreuer_in und Prüfer_in kann zudem dadurch abgeschwächt werden, dass Teile der Betreuung auf nicht prüfende Personen wie Tutorinnen und Tutoren verlagert werden. Dies liegt vor allem für die Betreuung von nicht benoteten Lernzielen wie soziale, kommunikative und personale Kompetenzen oder auch Prozesskompetenz nahe, sodass sich die Lehrenden auf die Betreuung der fachlichen und organisatorischen Lernziele konzentrieren können.

Holzbaur, U. et al. (2017). Die Projekt-Methode. Leitfaden zum erfolgreichen Einsatz von Projekten in der innovativen Hochschullehre. Wiesbaden: Springer Gabler.

Schabel, S. & Glathe, A. (2014). Prüfungsinstrumentarium für Projekte. Neues Handbuch Hochschullehre, Band 86, S. 71-96.